iertel, verrufenes  Die alteingesessenen Bürger der Stadt hielten sich fern von dieser Umgebung, die von Abschaum, von gemeinem Volk, von Kreaturen ohne Charakter und ohne Gewicht, von wirklichem moralischem Schund und von jener trödlerhaften Abart des Menschen bewohnt war, wie dergleichen in solchen ephemeren Milieus entsteht. Doch an Tagen des Niedergangs, in Stunden niedriger Versuchung konnte es geschehen, daß dieser oder jener Bürger der Stadt sich halb zufällig in dieses zweifelhafte Viertel verirrte. Selbst die besten waren von Zeit zu Zeit nicht frei von der Versuchung freiwilliger Erniedrigung, von der Aufhebung aller Grenzen und Hierarchien und von dem Verlangen, sich in diesem seichten Sumpf der Gemeinschaft, der leichtlebigen Intimität und der schmutzigen Vermengung treiben zu lassen. Das Viertel war ein Eldorado für solche moralischen Deserteure und Flüchtlinge von der Fahne der eigenen Würde. Alles erschien dort verdächtig und zweideutig, alles lud mit heimlichem Zwinkern, mit zynisch artikulierter Geste, mit bedeutungsvoll zugekniffenem Auge zu unreinen Hoffnungen ein, alles befreite die niedrige Natur aus ihren Fesseln. - Bruno Schulz: Die Krokodilgasse, in (bs)
 
 

Stadtviertel

 

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