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Die erste Sternstunde in der Entwicklung des menschlichen Mundes schlug,
als sich wurmförmige Vielzeller entwickelten, die am Meeresgrund herumkrochen
und in aktiver Fortbewegung nach Nahrung suchten. Diese erste Sternstunde ist
sehr merkwürdiger, ja beinahe makabrer Art. Bei den Polypen war bereits ein
Darm vorhanden, allerdings hatte er nur eine Öffnung.
Ebenso ist es bei den sich fortbewegenden Medusen und bei manchen primitiven
Würmern. Bei kriechender Fortbewegungsweise liegt es
indes nahe, daß eine zweite Öffnung entsteht. Am vorderen Pol wird dann die
Nahrung aufgenommen. Im Darm wird sie verdaut. Durch eine rückwärtige, zweite
Öffnung wird das Nichtbrauchbare abgeschieden. Zu dieser Anordnung kam es nun
- auch hier zeigt sich die totale Regellosigkeit in der Gesamtentwicklung -
auf zwei völlig konträren Wegen. Erste Möglichkeit: Der Mund bleibt Mund, und
am anderen Darmende entsteht der After. Diese Möglichkeit wurde bei fast sämtlichen
Würmern, von denen sich Nachkommen bis heute erhalten haben, sowie bei allen
Mollusken und Gliedertieren (Arthropoden) verwirklicht. Die zweite Möglichkeit:
Aus dem ursprünglichen Mund wird der After, und die am anderen Darmende durchbrechende
Öffnung wird zum Mund. Das war die Lösung bei unseren Vorfahren. Was also heute
unser After ist, war ursprünglich der Mund. Wer dies nicht glaubt, kann in jedem
Lexikon, in jedem Lehrbuch der Zoologie nachschlagen. Wir sind 'Deuterostomier',
'Zweitmünder', die den Urmund zum After machten. - Hans Hass, nach
(lte)