- Elfriede Jelinek,
Lust
.
Reinbek bei Hamburg 1992 (rororo 13042, zuerst 1989)
Unterbringung (2)
Unterbringung (3) Am Abend, als ich gerade zu Bett gehen wollte, kamen zwei Beamte der Inquisition mit der heiligen Hermandad zu mir; sie umarmten mich zärtlich und führten mich ohne ein einziges Wort der Erklärung in ein sehr kühles Verlies, das mit einem Strohlager und einem schönen Kruzifix ausgestattet war. Dort verbrachte ich sechs Wochen, bis der ehrwürdige Pater Inquisitor nach mir schickte und mich zu einer Unterredung bitten ließ. Mit väterlicher Zärtlichkeit schloß er mich lange in seine Arme und sagte, er sei aufrichtig betrübt gewesen zu hören, daß man mich so schlecht untergebracht habe, doch seien alle Unterkünfte im Hause belegt, er hoffe aber, beim nächsten Mal werde ich es besser treffen. Dann fragte er mich sehr freundlich, ob ich nicht wisse, warum ich hier sei. Ich antwortete dem ehrwürdigen Pater, daß es offenbar meiner Sünden wegen geschehe.
»Wohlan, mein lieber Sohn, wegen welcher Sünden wohl? Haben Sie Vertrauen zu mir und sprechen Sie sich aus.« Soviel ich auch nachdachte, ich erriet es nicht; wohlwollend half er mir auf die Spur.
Endlich fielen mir meine unbedachten Worte wieder ein. Mit einer Geißelung
und einer Buße von dreißigtausend Realen kam ich davon. Danach wurde ich zum
Großinquisitor geführt, damit ich ihm meine Aufwartung machen konnte; er war
ein höflicher Mann, der mich fragte, wie mir sein kleines Fest gefallen habe.
Ich antwortete ihm, es sei delikat gewesen. - Voltaire, Geschichte
der Reisen Scarmentados, nach (
vol2
)
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