reulosigkeit  Ketil Flachnase kam mit seinem Schiff nach Schottland und wurde gut aufgenommen von vornehmen Leuten, denn er war ein berühmter Mann und aus edlem Geschlecht; man bot ihm an, sich im Lande einzurichten, wie er wollte. Ketil machte sich  dort seßhaft und ebenso seine Verwandtschaft mit Ausnahme seines Tochtersohnes Thorstein. Der zog gleich auf Raubfahrt aus und plünderte weit umher an den schottischen Küsten und war immer siegreich. Später schloß er einen Vertrag mit den Schotten und erhielt das halbe Schottland, das er als König beherrschte. Er hatte zur Frau Thurid, die Tochter des Eyvind, die Schwester Helgis des Magern. Die Schotten hielten den Vertrag nicht lange, sondern überfielen ihn treulos. - Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal, nach: Die schönsten Geschichten aus Thule. München 1993. Hg. H.M. Heinrichs

Treulosigkeit (2)

Die untreue Ehefrau

Für Lydia Cabrera
und ihr schwarzes Hausmädchen

Hab sie mit zum Fluß genommen,
weil ich dachte, sie sei ledig,
dabei hat sie einen Mann.

In der Nacht auf Sankt Jakobus wars
und fast wie abgemacht.
Die Laternen wurden dunkel,
und die Grillen gingen an.
An den letzten Häuserecken
faßte ich ihr an die Brüste,
und die Knospen, die noch schliefen,
gingen auf wie Hyazinthen.
Die gestärkten Unterröcke
raschelten mir um die Ohren,
so als ob zehn Messerklingen
ein Stück Seidentuch zerfetzten.
Ohne Silberlicht im Wipfel
sind die Bäume aufgeschossen,
und ein Horizont aus Hunden
bellt und bellt sehr weit vom Fluß.

*

Noch vorbei an Brombeerranken,
an den Binsen und dem Weißdorn,
dann grub ich für ihren Haarbusch
eine Mulde in den Schlamm.
Ich zog mir das Halstuch aus.
Sie zog sich das Kleid vom Leib.
Ich den Gürtel samt Revolver.
Sie die Mieder - alle vier.
Narden oder Meeresmuscheln
haben nicht so feine Haut,
Fenster, die im Mondlicht scheinen,
haben nicht so weichen Glanz.
Ihre Oberschenkel glitten
weg wie überraschte Fische,
die zur Hälfte voller Feuer
und zur Hälfte Kälte sind.
Jene Nacht war meine Nacht,
und ich ritt den Weg der Wege,
aus Perlmutter war mein Fohlen,
hatte weder Zaum noch Bügel.
Was sie mich so alles nannte,
sag ich nicht - ein Mann kann schweigen -,
bin ein heller Kopf und darum
immer höflich und bescheiden.
Ganz verklebt von Sand und Küssen
trug ich sie vom Fluß herauf.
Und die Lilienschwerter fochten
mit dem Wind Duelle aus.

Und weil ichs mir schuldig war
als Zigeuner reinsten Wassers,
schenkte ich ihr noch ein Nähzeug:
groß und ganz aus gelber Seide;
zum Verlieben war kein Anlaß,
weil sie einen Mann schon hatte,
aber sagte, sie sei ledig,
als ich sie zum Fluß mitnahm.

 - Federico García Lorca, Zigeunerromanzen. Frankfurt am Main 2002 (zuerst 1924-1927)

Treulosigkeit (3)

Treulosigkeit (4)

- Mock

Treulosigkeit (5)  »Es gibt in der weiblichen Liebe keine Grade und Stufen der Bildung, überhaupt nichts allgemeines; sondern so viel Individuen, so viel eigentümliche Arten.« Wenn jede Frau und damit jede Liebe mit einer Frau etwas durchaus Individuelles, Einmaliges ist, dann bedeutet es, strenggenommen, keine Treulosigkeit, wenn es verschiedene Lieben nacheinander oder auch gleichzeitig gibt. Denn dann wird niemand dadurch gekränkt, daß jemand anderem die gleiche Liebe entgegengebracht wird, ist es doch eine andere Liebe, die dem ändern entgegengebracht wird. Tatsächlich zieht Schlegel die Schlußfolgerung, daß die Treue nur jenen Paaren zum Problem werden kann, die einander nicht als gesonderte Individuen zur Kenntnis zu nehmen vermögen: »Freilich wie die Menschen so lieben, ist es etwas anders. Da liebt der Mann in der Frau nur die Gattung, die Frau im Mann nur den Grad seiner natürlichen Qualitäten und seiner bürgerlichen Existenz, und beide in den Kindern nur ihr Machwerk und ihr Eigentum. Da ist die Treue ein Verdienst und eine Tugend; und da ist auch die Eifersucht an ihrer Stelle. Denn darin fühlen sie ungemein richtig, daß sie stillschweigend glauben, es gäbe ihresgleichen viele, und einer sei als Mensch ungefähr soviel wert wie der andere, und alle zusammen nicht eben sonderlich viel.«  - Nachwort zu: Friedrich Schlegel, Lucinde. Berlin u.a.   (zuerst 1799)
 
 

Gefühle, unfreundliche

 

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Verwandte Begriffe
Zuverlässigkeit

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