heodoreer
Die Theodoreer, wie man sie nennt, leiten diesen ihren Namen von dem Theodoros
dem Gottlosen her und hielten an dessen Lehrsätzen fest. Dieser Theodoros war
es, der allen Meinungen über die Götter den Garaus machte. Mir kam seinerzeit
ein gar nicht verächtliches Buch von ihm zu Händen, betitelt „Über die Götter",
aus dem Epikur das meiste entnommen haben soll
von dem, was er vortrug. Theodoros hörte auch den Annikeris und den Dialektiker
Dionysios, wie Antisthenes in den Philosophenfolgen sagt. Als
Ziel setzte er die Freude und den Schmerz,
die erstere als bedingt durch die Einsicht, den letzteren durch den Unverstand.
Güter seien die Einsicht und Gerechtigkeit, Übel die entgegengesetzten Seelenverfassungen,
in der Mitte zwischen beiden liege Lust und Unlust.
Die Freundschaft ließ er nicht gelten, weil sie
sich weder bei den Unweisen fände noch bei den Weisen, denn für jene schwinde
mit dem Wegfall des Nutzens auch die Freundschaft;
die Weisen aber bedürften, selbstgenügsam
wie sie seien, überhaupt keines Freundes. Er erklärte es auch für vernunftgemäß,
daß der brave Mann sich nicht für das Vaterland dem Tode preisgebe. Denn man
dürfe die Einsicht nicht preisgeben, um den Unverständigen zu nützen. Vaterland
sei die Welt. Der Weise werde gelegentlich auch stehlen, Ehebruch treiben und
Tempelraub begehen. Denn nichts davon sei an sich (von Natur) verwerflich, sobald
man absehe von der gangbaren Meinung, die ihr Dasein nur dem Zwecke der Abschreckung
der Unvernünftigen verdanke. Der Weise werde ohne jeden Arg Umgang mit seinen
Lieblingen pflegen. Daher liebte er auch spitzfindige Fragen wie die folgenden:
„Wird eine grammatisch geschulte Frau, insofern sie grammatisch geschult ist,
nicht auch nützlich sein?" Ja. „Und wird ein Knabe und Jüngling nützlich
sein, insofern er grammatisch geschult ist?" Ja. „Es wird doch also auch
eine schöne Frau nützlich sein, insofern sie schön ist, und ein schöner Knabe
und Jüngling nützlich, insofern er schön ist? " Ja. „Ein schöner Knabe
und Jüngling wird doch also nützlich sein für das, wofür er schon ist?"
Ja. „Er ist aber nützlich für den Liebesumgang." Dies zugegeben folgerte
er nun weiter so: „Wenn also jemand mit ihm Liebesumgang pflegt, insofern er
nützlich ist, so vergeht er sich nicht; folglich wird er sich auch nicht vergehen,
wenn er von der Schönheit Gebrauch macht, insofern sie nützlich ist." Fragen
dieser Art waren es, durch die er seine Verstandesstärke bekundete. Zu seinem
Namen „Gott" ist er, wie es scheint, auf folgende Weise gekommen: Stilpon
fragte ihn: „Theo-doros, wenn du behauptest, etwas zu sein, bist du es dann
auch ?" und nach bejahender Antwort: „Du behauptest aber doch, ein Gott
zu sein?" ,Ja." „Also bist du auch ein Gott". Das ließ er sich
gern gefallen; da sagte Stilpon lachend: „Du Schelm, durch solche Schlußweise
würdest du auch zu dem Eingeständnis kommen, daß du eine Dohle wärest und noch
tausenderlei anderes." Als Theodoros einst bei dem Oberpriester Eurykleides
weilte, sagte er zu ihm: „Sage mir, Eurykleides, wer sind die Frevler wider
die Heiligkeit der Mysterien?" Auf die Antwort: „Diejenigen, die diese
Geheimnisse den Uneingeweihten ausplaudern," erwiderte er: „Also frevelst
auch du, da du von ihnen mit Uneingeweihten sprichst." Mit knapper Not
nur entging er der Gefahr, vor den Gerichtshof des Areopags gezogen zu werden;
nur dem Phalereer Demetrios hatte er seine Rettung zu danken. Amphikrates aber
berichtet in seinem Buche über berühmte Männer, er sei verurteilt worden und
habe den Schierlingsbecher getrunken. - (diol)
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