ühlstein  Als ich elf war, hatte ich gelernt, daß die Natur, weit davon entfernt, Angst vor der Leere zu haben, diese geradezu bewundert.

Zu jener Zeit setzte man mich im Schulunterricht einem hingebungs- und liebevollen, alles durchdringenden, sich in alles einmischenden, neugierigen, verblödenden Mittelschicht-Erstickungsprozeß aus, weil man hoffte, daß ich »wie alle anderen« würde.

Denn, wie es bei Bernhardt Rust, im Dritten Reich erst preußischer Kultusminister, später Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, in Bildung und Erziehung heißt (von Our Time im Januar 1946 zitiert): »Niemand darf sich für glänzender halten als seine Mitmenschen: wir brauchen keine Intellektuellen. Jeder Geist ist gleich wichtig.«

Der Geist der Menschen muß also, kurz gesagt, klein gemahlen werden, bis nur noch Plattheit übrigbleibt.

Trotzki hat (in Fragen des Alltagslebens) gesagt: »Es ist gut, wenn das Leben von den Mühlsteinen des proletarischen Denkens gemahlen wird. Die Mühlsteine sind stark und werden mit allem fertig, was man ihnen zu mahlen gibt.«

Die Mittelschicht-Mühlsteine, denen ich als Kind im Klassenzimmer ausgeliefert war, haben mich wie die der Oberschicht-Mentalität, denen man mich als sehr junge Frau überantwortete, mein ganzes Leben hindurch kleinzukriegen versucht. Es ist ihnen nie gelungen. Die Vorstellung, jemand oder etwas könne mich kleinkriegen (selbstverständlich standen meine liebenden Quälgeister in ihren stolzen Wattegebäuden zu keinem Zeitpunkt auch nur entfernt mit dem proletarischen Denken in Verbindung), war nichts als das Ergebnis schieren Wunschdenkens. - Edith Sitwell, Mein exzentrisches Leben. Frankfurt am Main 1994 (Fischer-Tb. 12126, zuerst 1965)

Mühlstein (2)


Mühlstein (3)

Der Müllerbube schiebt hinauf zur Mühle
Auf seinem Karren einen Mühlenstein,
Und in die Öffnung schob er glatt hinein
Sein steifes Glied und schaffte so sich Kühle.

Die blonde Müll'rin sieht's im Sonnenschein,
Und trotz der unerträglich dumpfen Schwüle
Läuft sie hinab, daß prüfend sie's befühle.
Sie faßt und fühlt, es ist von Fleisch und Bein.

»Na hör mein Junge«, ruft sie sehr brutal,
»Was soll die Schweinerei mit deinem Schweif?
Ist das die Prüfung, die ich dir befahl,

Ob du auch würdig wärest für mein Bett?«
Doch er zeigt nur die Inschrift um den Reif,
Und ach! sie liest gerührt: »Elisabeth.«


- Friedrich Schlegel, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold. Frankfurt / M. Berlin Wien 1973


Stein Mühle

 


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