asern 1897
Erster Kontakt mit Halluzinationen. Masern! Angst
vor dem Tode und den zerstörenden Kräften! Eine Fiebervision, hervorgerufen
durch ein Paneel aus imitiertem Mahagoni gegenüber seinem Bett. Die Holzmaserung
nahm nach und nach das Aussehen eines Auges, einer Nase,
eines Vogelkopfes, einer 'Drohenden Nachtigall', eines
drehenden Kreisels usw. an. Sicherlich fand der kleine Max Gefallen daran, von
solchen Visionen geplagt zu werden. Und später verschaffte
er sich freiwillig ähnliche Halluzinationen, indem er häufig auf Holzpaneele,
Wolken, Tapeten, ungestrichene Wände schaute, um seine Vorstellungskraft spielen
zu lassen. Wenn jemand ihn fragte: ›Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?‹ antwortete
er stets: ›Sehen!‹ Ähnliche Anfechtungen brachten Max
Ernst später dahin, weiter in solche Vorstellungen einzudringen und dadurch
technische Möglichkeiten für Zeichnung und Malerei zu entdecken, verbunden mit
Prozessen von Inspiration und Offenbarung (frottage, Collage, decalcomania usw.)
Möglicherweise steht das Bild von 1924: Zwei Kinder, bedroht durch eine Nachtigall
mit der Fiebervision von 1897 in Zusammenhang. - Max Ernst, nach: Hans
Richter, Dada - Kunst und Antikunst.
Köln 1964
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