Mafioso, Großer  Was ist Gott wirklich, fragte sich Santamaria ohne falsche Bescheidenheit.

Von einem professionellen Gesichtspunkt aus gesehen, schien sich für den schwierigen Fall nur eine einzige Analogie anzubieten. In einsamer Ferne, rätselhaft und unnahbar war der Große Mafioso noch nie mit unverhülltem Gesicht gesehen worden; aber Seine unermeßliche Macht offenbarte sich blitzartig allenthalben, und jedermann wußte, daß er keinen Schritt tun und keine Hand bewegen konnte, ohne daß Er es auf der Stelle erfuhr. Aber auch andere charakteristische Eigenschaften stimmten überein: die maßlose Grausamkeit, die schrecklichen Denkzettel, die Er Feinden und Verrätern erteilte, aber das alles wieder gemildert von zartester Nachsicht, von plötzlichen, fast launenhaft zu nennenden Anwandlungen von Großmut gegen Witwen, schlichte Seelen und Kinder.

Man hielt die Existenz eines von Ihm gefaßten geheimen Plans für sicher, so fein, genau und verwickelt, daß keiner je im Ernst glaubte, sein letztes Ziel erforschen zu können. Aber viele versicherten, gewisse Teilabschnitte, Zusammenhänge, Einzelheiten und begrenzte Motive erkannt zu haben, und andere - Wichtigtuer, Profitsucher, Schwärmer und Verrückte - versuchten ständig, sich in den Gang der Dinge einzuschalten, indem sie sich selbst als die direkten Vollstrecker Seiner Befehle und als die Interpreten Seines wahren Willens ausgaben, während wieder andere, gutinformierte Beobachter, zweideutige Gerüchte verbreiteten über Sein trauriges, einsames Alter, Sein unaufhaltsames An-den-Rand-Gerücktwerden, ja Seinen Tod.  - Fruttero & Lucentini, Wie weit ist die Nacht. München 1989

Mafia

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