Leichentransport   Ich versuchte, mir Rickys linken Arm über die Schulter zu legen, da ich ihn auf diese Weise nach unten tragen wollte, aber der Arm war derart steif, daß ich ihn kaum bewegen konnte. Also griff ich statt dessen von hinten unter seine Arme durch und zog ihn rückwärts aus dem Bad, wobei mir von dem Geruch nach Scheiße erneut übel wurde. Ich sah, wie Charlotte wieder zum Futon ging und sich auf die Seite legte, das Gesicht zur Wand. Ich drehte mich um und ging jetzt vorwärts, ein Schleifschritt nach dem anderen; die Leiche hielt ich an die Brust gepreßt. Ich war noch nicht mal an der Tür, da floß mir der Schweiß schon in Strömen, und ich rang nach Luft.

Auf dem Flur sah ich nach beiden Seiten und behielt vor allem die Tür des Nachbarn links von mir im Auge, aber bis auf Musik aus einer der unteren Wohnungen war nichts zu hören und niemand zu sehen. Ich ließ die Leiche vornüberkippen, bis sie in der Waagerechten hing, und trug sie seitlich wie einen schweren Teppich. Allerdings fühlte sie sich kein bißchen wie ein Teppich an, nur wie ein steifer, schwerer, erkalteter Leichnam. Ich holte tief Luft und hastete so schnell wie möglich die Stufen hinunter. Nach einem halben Stockwerk war ich fix und fertig und konnte mir nicht vorstellen, wie ich es bis nach unten schaffen sollte. Seit ich mich vor einigen Jahren bei dem Versuch verletzt hatte, einen metallenen Aktenschrank aus einem Trödelladen nach Hause zu schleppen, hatte ich immer mal wieder Probleme mit der Bandscheibe, und so, wie ich im dritten Stock die Treppe nach unten taumelte, war mir schleierhaft, wie ich es mit dieser Wirbelsäule und ohne Herzinfarkt bis in den Tompkins Square Park schaffen sollte.  - Jason Starr, Twisted City. Zürich 2005

Leichentransport (2)   Sie stellte nur die eine Bedingung, daß wir keine kranken Kinder dort unterbringen dürften, das heißt sehr kranke Kleinkinder, die womöglich dort sterben könnten.

Dem wurde zugestimmt. Sie hatte die Möbel aus Wohn- und Eßzimmer entfernt, Spiegel und Teppiche mit Vorhängen und Läufern abgedeckt. Wir stellten auf beiden Seiten Kinderbetten auf und betrauten einige Schwestern und Krankenpflegerinnen mit der. Fürsorge für ein Dutzend oder mehr Kleinkinder, die dort untergebracht werden sollten. Es war eine schöne Geste von dieser Frau, und wir hielten uns peinlich genau an unsere Abmachung.

Aber wie es unter solchen Umständen nun einmal ist, passierte doch etwas und machte alle unsere Pläne zunichte. Eins der Kinder bekam eine schwere infektiöse Castro enter i tis und war, ehe wir es uns versahen, binnen drei Tagen gestorben. Daraufwaren wir nun gar nicht vorbereitet. Die Dame durfte nichts davon erfahren, aber wir mußten natürlich irgend etwas mit dem Leichnam machen. Und so erhielt ich, als einer der Kinderärzte der Klinik, den Auftrag, die Sache zu vertuschen. Ich sollte mit der Straßenbahn zur Wohnung fahren und das tote Kind in einem Koffer, der umgestellt wurde, zu uns in die Leichenhalle bringen. Und so saß ich denn, den Koffer unter meinen Knien, in einem öffentlichen Verkehrsmittel und schaute mich um. Ich war nicht glücklich damit und malte mir aus, was alles passieren könnte, wenn der altersschwache Behälter aufklappen und die Leiche des Kindes genau im falschen Moment herausfallen würde. - (wcwa)

Leichentransport (3)

Leichentransport(eure) (4)   Daß ein Kommissar für ihr Tun und Lassen Interesse zeigte und sie sogar persönlich aufsuchte, war geradezu ein bißchen schmeichelhaft.

Der redegewandtere der beiden wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. «Ja, an den erinnere ich mich. Bergsgatan, wa?»

«Ja, das stimmt.»

«Aber der Name sagt mir nichts. Stål, nicht wahr?»

«Nein, Svärd.»

«Sagt mir trotzdem nichts. Wir kümmern uns selten um die Namen.»

«Ich verstehe.»

«Außerdem war's ein Sonntag. Sonntags ist übrigens immer was los.

Viel zu tun.»

«Erinnern Sie sich an den Polizisten, von dem ich gesprochen habe?  Kenneth Kvastmo?»

«Nee. Namen sagen mir gar nichts. Ich erinnere mich aber noch an einen Bullen, der da herumstand und starrte.»

«Während Sie die Leiche abholten?»

Der Mann nickte. «Ja, das stimmt haargenau. Hin toffer Typ.»

«Wieso?»

«Es gibt zwei Arten von Bullen. Solche, die kotzen, und solche, die nicht kotzen. Dieser hielt sich nicht einmal die Nase zu.»

«Er war also die ganze Zeit anwesend?»

«Ja, das habe ich doch schon gesagt. Er wollte wohl nachsehen, ob wir unseren Job zufriedenstellend ausführen, sozusagen.»

Der andere kicherte und nahm einen Schluck Bier.

«Nur noch eine Frage.»

«Ja. Was denn?»

«Als Sie die Leiche aufhoben, haben Sie da bemerkt, ob irgend etwas unter ihr lag? Irgendein Gegenstand?»

«Was hätte das denn sein sollen?»

«Eine automatische Pistole, zum Beispiel. Oder ein Revolver.»

Der Mann lachte laut los. «Eine Pistole oder ein Revolver», sagte er. «Wo ist da der Unterschied?»

«Ein Revolver hat eine rotierende Kammer, die durch den Mechanismus bewegt wird.»

«So 'n Cowboykracher?»

«Ja, genau. Aber das spielt jetzt keine größere Rolle. Die Hauptsache ist die Frage, ob unter dem Toten irgendeine Waffe gelegen haben kann.»

«Hören Sie mal, Herr Kommissar. Dieser Klient war nicht mehr ganz frisch.»

«Nicht mehr ganz frisch?»

«Ja, zwei Monate alt etwa.»

Martin Beck nickte.

«Wir haben ihn auf die Kunststoffdecke gehoben, und während ich an den Ecken den Sack zulötete, hat Arne die Würmer vom Fußboden aufgefegt. Wir kippen sie meistens in eine präparierte Tüte mit irgendeinem Zeugs drin, so daß sie kaputtgehen.»

«Ja?»

«Wenn Arne also zufällig noch eine Knarre mit aufgefegt hätte, dann hatte er das allemal gemerkt. Nicht wahr?»

Arne nickte und kicherte, so daß ihm der letzte Schluck Bier in die falsche Kehle geriet. «Doch, das hätte ich gemerkt», sagte er.

«Es war also nichts da?»

«Absolut nichts. Außerdem stand dieser Polizeibeamte die ganze Zeit da und guckte zu. Er war übrigens noch da, als wir den Klienten in den Zinksarg legten und weggingen. Das stimmt doch, nicht wahr, Arne?»

«Aber ja», sagte Arne.

«Sie scheinen sich Ihrer Sache sicher zu sein.»

«Hundertprozentig. Unter diesem Klienten lag nichts anderes als eine hübsche Sammlung Cynomyia mortuorum.»   - Sjöwall/Wahlöö, Verschlossen und verriegelt. Reinbek bei Hamburg 1975

 

Leiche Transport

 

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