ntellektuellenschelte Diese
Intellektuellen waren in einer Zeit aufgewachsen,
die keine Substanz besaß; darum wollte man vor allem
modern sein und den Rekord der Fiktion schlagen; Traumsport. Die Klubs der Eierleger,
Symbolfabrikanten, Sexual-Sublimierer, Kaffeesatzleser, der Trupp von diplomierten
Professoren in Somnambulismus, die Ornamentphilosophen,
die Missionare nach rückwärts, die fortgeschrittenen Paläolithiker mit krassem
Infantilismus, die Mystiker mit Rente, die Levantiner, die täglich in einer
anderen Sprache schrieben und jede Sprache umbildeten, da sie keine kannten,
die Nachttopfekstatiker mit Pensionsberechtigung, die Millionärinnen, die nach
Beschäftigung suchten, die Pfiffigen, die auf die Idiotie der Reichen setzten,
die verfehlten Halbkokotten, die auf keinen geraden Strich gehen konnten, die
Lehramtskandidaten mit Privatleben mit goldnem Wort und tropfendem Käse im Kopf,
all dies bevölkerte den fahlen Markt der Träume. Hier orakelten, malten, dachten
die ewig Jungen, die professionellen Visionäre.
Unten dehnten sich die Straßen; dort rief man die Preise der Träume aus. Die Aktien auf Träume stiegen, die Visionen bezogen Villen und Louis-XV-Salons, die Ekstasen reisten auf den Dampfern, landeten mit Verspätung in New York und kamen über London verstaubt und angeknocked, doch sehr belobt, nach Europa zurück.
Alles verlangte nach neuen Träumen. Sekten und Vereine von Traumbeflissenen wurden gebildet.
Jeder Piefke wollte einzig sein. Doch dies glückte nur im Märchen; darum
lancierte man Fiktionen. Keiner wollte dem anderen gleichen, niemand wollte
sagen, was war. Dies hätte Wiederholung bedeutet. Repetierte man aber, so war
man nicht original. Schulze wollte jeden Tag neu geboren werden, um nicht zu
veralten. - Carl Einstein, Die Fabrikation
der Fiktionen. Eine Verteidigung des
Wirklich
en. Reinbek bei Hamburg 1973 (dnb
17, entst. um 1935)
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