aaresträuben
Dr. Browne bemerkt, daß das borstige Sträuben des Haares, welches bei
Geisteskranken so gewöhnlich ist, nicht immer mit äußerster Furcht verbunden
ist. Es zeigt sich vielmehr am häufigsten bei chronischen Tobsüchtigen, welche
in unzusammenhängender Weise rasen und zerstörende Triebe haben; das borstige
Sträuben des Haares ist aber am meisten während ihrer Paroxysmen zu beobachten.
Die Tatsache, daß das Haar unter dem Einflüsse sowohl der Wut als auch der Furcht
sich aufrichtet, stimmt vollständig mit dem überein, was wir bei niederen Tieren
gesehen haben. Als Beleg hierfür bringt Dr. Browne mehrere Fälle bei.
So richtet sich bei einem jetzt in der Anstalt befindlichen Manne vor dem Wiedereintritt
jedes tobsüchtigen Paroxysmus »das Haar an seiner Stirn in die Höhe wie die
Mähne eines Shetland-Ponys.«. Er hat mir von zwei Frauen Photographien geschickt,
welche in den Zwischenzeiten ihrer Paroxysmen aufgenommen wurden, und fügt in
bezug auf die eine dieser beiden Frauen hinzu, »daß der Zustand ihres Haares
ein sicheres und bequemes Kriterium ihres geistigen Zustandes sei«. Eine dieser
Photographien habe ich kopieren lassen, und der Holzschnitt gibt, wenn er aus
einer geringen Entfernung betrachtet wird, eine treue Darstellung des Originals
mit der Ausnahme, daß das Haar im ganzen etwas zu grob und zu stark gekräuselt
erscheint. Der außerordentliche Zustand des Haares bei den Geisteskranken ist
nicht bloß Folge des Aufrichtens desselben, sondern auch seiner Trockenheit
und Härte, was wiederum davon abhängt, daß die Hautdrüsen nicht tätig sind.
Dr. Bucknill sagt, daß ein Wahnsinniger »wahnsinnig bis in die Fingerspitzen
ist«; er hätte noch hinzufügen können: und häufig bis zur Spitze jedes einzelnen
Haares.
Dr. Browne erwähnt als eine empirische Bestätigung der Beziehung,
welche bei Geisteskranken zwischen dem Zustande des Haares
und dem der Seele besteht, Folgendes. Die Frau eines
Arztes, welche die Pflege einer an akuter Melancholie
mit starker Furcht vor dem Tode für sich selbst, ihren Mann und ihre Kinder
leidenden Dame übernommen hatte, berichtete ihm am Tage, eher er meinen Brief
erhalten hatte, wörtlich: »Ich glaube, Mrs.— wird sich bald bessern, denn ihr
Haar fängt an glatt zu werden; und ich habe immer bemerkt, daß sich unsere Patienten
bessern, sobald ihr Haar aufhört kraus und unbehandelbar zu sein.« -
(
dar
)
Haaresträuben (2)
Haaresträuben (3) Keine Gespenster
glauben, kann und darf den dramatischen Dichter im geringsten nicht abhalten,
Gebrauch davon zu machen. Der Same, sie zu glauben, liegt in uns allen, und
in denen am häufigsten, für die er vornehmlich dichtet. Es kömmt nur auf seine
Kunst an, diesen Samen zum Keimen zu bringen; nur auf gewisse Handgriffe, den
Gründen für ihre Wirklichkeit in der Geschwindigkeit den Schwung zu geben. Hat
er diese in seiner Gewalt, so mögen wir in gemeinem Leben glauben, was wir wollen;
im Theater müssen wir glauben, was Er will. So ein Dichter ist Shakespeare,
und Shakespeare fast einzig und allein. Vor
seinem Gespenste im »Hamlet« richten sich die Haare zu Berge, sie mögen ein
gläubiges oder ungläubiges Gehirn bedecken. - Lessing, Hamburgische
Dramaturgie
Haaresträuben (4)
- Unbekannter Meister (ca. 1550), nach: Dirk
H. Veldhuis, Träumen mit offenen Augen. Phantastische Bilderwelten. Nördlingen
1986 (delphi 1046)
Haaresträuben (5)
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