abrikwaare
Wir traten ein. — Eine glänzende Gesellschaft
war hier versammelt; Herren und Damen
aus allen Ständen; teils sitzend, stehend, oder auf bequemen
Polstern ausruhend; die Gesichter etwas lackiert; einige hoben
müde die Augen; alle waren in riesige Glaskästen eingeschlossen;
viele saßen in Gruppen zusammen und schienen sich zu unterhalten;
andere lachten; manche scherzten und sprangen; aber die Geste
schien wie in einem bestimmten Moment erstarrt und die Bewegung
gefroren; Trauer, unsägliche Trauer lag trotz aller lebhaften
Mimik auf Aller Antlitz; ein lebensmüdes Geschlecht, welches
sich nicht rühren durfte, wie es wollte, sondern auf den Schraubenschlüssel
wartete, der es aufzog; alle menschlichen Bewegungen, Komplimente,
Affekte, unwillkürliche Konstellationen in Begegnungen, Stellungen
ec. waren aufs Sauberste nachgeäfft. Alle Trachten, alle Moden,
aller Putz, alle Symbole waren vertreten. - »Die meisten befinden
sich hier in einem schlafähnlichen Zustand,« bemerkte mein Führer,
»wenn etwas bestellt wird, wird es zuvor noch aufgefrischt und
nachgesehen!« - Oskar Panizza, Die Menschenfabrik, in:
ders., Der Korsettenfritz. Geschichten. München 1981 (zuerst
ca. 1890)
Fabrikwaare (2)
Fabrikwaare (3)