lümchen
(poetische) Die guten Mädchen haben
die Ausdrücke Himmel auf der Welt, Seligkeit, womit manche Dichter
die glücklichste Liebe belegten, als ewige unwandelbare Wahrheit angesehen,
und mädchenmäßige Jünglinge haben es ihnen nachgeglaubt, da es doch nur weichliches
Geschwätz junger Schwärmer ist, die weder wußten, was Himmel, noch was Welt
war. Die Benennungen sind nur in so fern wahr, in so fern es wahr ist, daß Mädchen
Göttinnen sind. Die Griechen,
nicht allein das weiseste und tapferste, sondern auch das wollüstigste Volk
auf der Welt, hielten wahrlich die Mädchen nicht für Göttinnen, oder den Umgang
mit ihnen für Paradies oder ihre Liebe für unwiderstehlich. Sie erzeigten ihnen
nicht einmal die Achtung, die man wenigstens von einem freien Volk, ich will
nicht sagen von einem gefühlvollen, gegen ein schwaches Geschlecht hätte erwarten
sollen. Sie brauchten sie, die organisierten Fleischmassen zu zeugen, aus denen
sie selbst nachher Helden, Weise und Dichter formten, und ließen sie übrigens
gehen. Sie wohnten im Innersten des Hauses, kamen nicht in Männergesellschaften,
wodurch ihnen denn freilich aller Weg abgeschnitten ward, sich für so kluge
Kopfe gehörig auszubilden, daher sie immer schlechter und verächtlicher werden
mußten. Daß ihnen wahrhaftig große Männer courten, diese Achtung mußten sie
sich erst durch besondere auszeichnende Geistesgaben erwerben, und diese Besuche
waren nicht von der verliebten Art. Das Vermögen, das ihnen die Natur gegeben
hat, ein dringendes Verlangen auf eine angenehme und nützliche Art zu befriedigen,
rechneten sie ihnen für kein Verdienst an, und, wie mich dünkt, mit großem Recht;
denn es ist ein Handel, wobei beide Parteien gewinnen. Die Ausdrücke Herz
verschenken, Gunst verschenken, sind wieder poetische Blümchen. Kein Mädchen
schenkt ihr Herz weg, sie verkauft es entweder für Geld oder Ehre, oder vertauscht
es gegen ein anderes, wobei sie Vorteil hat, oder doch zu haben glaubt.
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Lchtenberg, Über die Macht der Liebe
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