essermachen  »Inge sprach sich mit ihrer Mutter aus, die ihr sagte, sie solle sich nichts daraus machen, sie sollten dennoch heiraten, denn mit der Zeit. Aber Inge war jetzt von der Furcht besessen, daß sie daran schuld sei daS sie zu nichts tauge, daß sie es hätte fertigbringen müssen ... Stolz und hochnäsig, wie ich in diesen Tagen war, brach ich, als ich diese Dinge hörte, in Gelächter aus. ›Du?‹ sagte ich, ›und was willst du machen? Warum sollst du denn etwas machen? Ein Mädchen, schön wie du? Aber die braucht doch nichts zu tun. Sie tut schon viel, wenn sie das Knistern ihrer Röcke hören läßt. . .‹ Inge drückte mich überglücklich: und dankbar an die Brust: meine Worte waren offenbar, was sie seit langem als die frohesten und unmöglichsten aller Träume in ihren Ohren klingen hörte. Kaum begann sie wieder zu sprechen, gestand sie mir, dies sei der Grund ihrer gelegentlichen, mir unbegreiflichen Tränen; gewesen, aus diesem Grund habe der Offizier aus Wien auf seiner Reise nach Paris Selbstmord begehen wollen, darum habe die Meinungsverschiedenheit bestanden, die sie Pius XI. beizulegen gebeten hatte. Wir sagten nichts mehr, löschten die Lampe aus und umarmten uns. Wenig später war sie vor Seligkeit fast bewußtlos und öffnete sich garnz langsam wie eine Rose im Sonnenschein; bereits außer mir vor Seligkeit die noch größer war als die ihre, ermahnte ich mich schon in Gedanken, den Schrei, der mir in der Kehle steckte und den ich gleich ausstoßen sollte, zu unterdrücken, als ...«

Er unterbrach sich. Auch sein Onkel sagte nichts und fühlte, wie sein rechtes Auge zuckte wie eine Fliege, die in die Fänge einer Spinne geraten ist.

».. . als«, fuhr Antonio fort und unterbrach sich von neuem.

». . . als«, begann er zum drittenmal, »plötzlich Kälte und Angst sich meiner bemächtigten und gerade jener Stelle meines Körpers, von der er gewünscht hätte, daß sie, wenn ich in diesem Augenblick an einer fortschreitenden Erfrierung hätte sterben müssen, zuletzt von ihr erreicht würde.«   - Vitaliano Brancati, Bell'Antonio. Frankfurt am Main 1961 (zuerst ca. 1950)