erg   Auch die Berge zeigen wunderbare Erscheinungen. Der Ätna brennt immer des Nachts, und sein Feuerstoff reicht nach so unendlicher Zeit noch aus. Im Winter ist er mit Schnee bedeckt, und seine ausgeworfene Asche überzieht sich mit Reif. Aber nicht in ihm allein wütet die Natur und bedroht die Erde mit Verbrennung. Auch in Phaselis brennt der Berg Chimära Tag und Nacht beständig fort. Ctesias von Gnidus erzählt, daß sein Feuer auch im Wasser fortbrenne, durch Erde oder Heu aber gelöscht werden könne. In demselben Lycien brennen die vulkanischen Berge, wenn man sich ihnen mit einer brennenden Fackel nähert, so heftig, daß selbst Steine und Sand im Wasser glühen; dieses Feuer wird auch durch Regenwasser unterhalten. Wenn jemand einen Stock an diesem Feuer anzündet und damit Furchen zieht, so sollen ihm Feuerströme folgen. In Baktrien brennt die Spitze des Kophantus alle Nächte, in Medien und Sittacene, an der Grenze von Persien, gibt es ebenfalls brennende Berge. Zu Susa, beim weißen Turme, brennen des Nachts 15 Krater, von denen der größte auch am Tage Feuer speit. Bei Babylon brennt eine Strecke Landes von der Größe eines Fischteichs. Auch in Äthiopien, in der Nähe des Berges Hesperius, glänzen die Felder des Nachts wie Sterne, ebenso im megalopolitanischen Gebiete, wo der leuchtende Platz in einem angenehmen Walde, dessen überhängende Zweige jedoch nicht entzündet werden, verborgen liegt. Auch neben einer kalten Quelle brennt unaufhörlich der Krater des Nymphäus, welcher, wie Theopompus berichtet, den Apolloniaten schreckliche Ereignisse vorher anzeigt. Durch Regen wird seine Glut vermehrt, und er wirft dabei ein Erdharz aus, welches nur durch jene untrinkbare Quelle gelöscht werden kann; übrigens ist es flüssiger als alles andere Harz.

Doch wen kann dies alles noch in Verwunderung setzen? Brannte doch mitten im Meere die Insel Hiera in der Nähe von Italien samt dem Meere mehrere Tage hindurch zur Zeit des Bundesgenossenkrieges, bis eine Gesandtschaft des Senats es versöhnte. Mit der größten Flamme jedoch brennt ein Bergrücken in Äthiopien, der Götterwagen genannt, und speit während der Sonnenhitze ganze Ströme von Feuer aus. An so vielen Orten und mit so vielen Flammen brennt die Erde. - (pli)

Berg (2)  Ich schaute einen großen, eisenfarbenen Berg. Auf ihm saß ein Mann in solch leuchtendem Glanze, daß mich diese Helligkeit blendete. Aus seinen beiden Seiten erhob sich je ein leuchtender Schatten, die sich beide wie Flügel von ungeheurer Größe ausdehnten.

Am Fuße des Berges stand vor dem Manne eine Gestalt, die um und um voll Augen war. Ob sie die Figur eines Menschen hatte, konnte ich infolge der Menge der Augen nicht unterscheiden. Vor dieser Gestalt war eine andere. Sie hatte das Aussehen eines Knaben, war in ein matthelles Gewand gehüllt und hatte weiße Schuhe an. Über dessen Haupt stieg von dem Manne, der auf dem Berge saß, ein solches Strahlen hernieder, daß ich das Antlitz des Knaben nicht anschauen konnte. Von dem auf dem Berge Sitzenden gingen außerdem viele lebendige Funken aus, welche die beiden Gestalten in großer Anmut umflogen. An dem Berge sah ich zahlreiche Fenster, in denen blasse und weiße Menschenköpfe erschienen. - (bin)

Berg (3) Die Häuer, ihrer vier, sahen mich erwartungsvoll an; sie hockten, auf einen Unterarm und die Breitseite eines Oberschenkels gelagert, an Stempel und Versatzschutt gelehnt; ihr fünfter, etwa im Halbtief des Strebs, wechselte einen der provisorischen Stahlstempel aus, die längs des Strebs wie Säulen standen; er mußte, da er den Stempel löste, sich mit der Schulter unter die Querplatte schieben, die zwischen dem Stempel und dem First liegt, und diesen Herzschlag lang war er Atlas, und es schien mir, als trage er den Berg. Er hockte da, den Berg auf der Schulter, und wuchtete den Holzstempel hoch, der nun endgültig im Versatz stehen würde, dem bergunterhöhlenden Arbeitsort ein Armbreit sicheren Dachs zu gründen, und in diesem Augenblick begriff ich, daß hier unten ein jedes Tun und Lassen im Wirkungsfeld des Todes stand. Er war da, im schwarzen Bergmannstuch, und prüfte gnadenlos jeden Handgriff; er war es, der jedes Stück Arbeit wog, und diese Arbeit war Kampf mit dem Element, mit dem Fels, mit dem Wasser, mit der Luft, mit dem Feuer, sie war noch der Kampf mit der Natur, in dem der Mensch sein Menschsein gewonnen, und eben das machte sie in ihrer Härte zu einer menschlichen Arbeit, zum täglich neu zu vollbringenden Tagwerk, das von keinem Roboter ableistbar war. Sie ging, diese Arbeit, nicht nur in ein Produkt ein, das sich als Ware von seinem Erzeuger entfernte, um ihm nie wieder zu begegnen; sie blieb auch hier unten in der Grube und wurde, im ungeheuersten Wortsinn, ein Stück Schicksal ihrer Verrichter, und plötzlich begriff ich die Echtheit des Anspruchs, den jeder der Häuer auf seiner Stirn trug, den ich überm Portal des Kultursaals gelesen und der mir bislang als Hochmut erschienen: ICH BIN EIN BERGMANN, WER IST MEHR! Dieser Anspruch wuchs aus der Geschichte herauf: Seit tausend Jahren grub Mansfeld hier Kupfer, seit viertausend Jahren gruben Bergleute hier Kupfer, seit neuntausend Jahren grub die Menschheit Kupfer, und über mir tausend Meter Gestein, das waren zweiundzwanzig Jahrzehntmillionen eines beharrlichen Mühens der Erde, sich aus Magma und Meer zu heben; auf dem Grund, darauf ich hockte und den einst die Sonne gesprenkelt, waren die ersten Reptile getrottet, schwerschädlige gepanzerte Lurche, dann war kein Fuß mehr auf ihn getreten, zweihundertzwanzig Millionen Jahre, und das Flözstück vor mir, das ich zögernd berührte, hatte nie zuvor eine Hand angefaßt. - Jungfräulicher Ort; jedes Streb war Pionierland; hier unten wurden neue Küsten gewonnen, nicht westwärts, sondern hinab in die Zeit. - Das Rattern setzte aus, einen Herzschlag lang Stille, nur das verworrene Schweigen des Berges, ein Knacken im Fels, das Gepink eines Steinchens, und dann, sich im niedrigen Streb überrollend, das Hallen der Schläge, mit denen der Häuer den Holzstempel unter die Zechsteinlast zwang. Seine Lampe strahlte ins Ende des Strebs und machte dort ein Gewölbe ahnen, das sich in Nacht und Rauschen verlor, im versickernden Licht schien ein Gang aufzudämmern; die Finsternis funkelte. - Franz Fühmann, Im Berg. Texte und Dokumente aus dem Nachlaß. Rostock 1991

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