usguß Hier
in dem Winkel des Zimmers, wo jetzt der Schrank
steht, ist der Boden aus Beton; vordem stand dort eine Milchmaschine; hier
von der Mitte der Decke, aus der jetzt nur noch die schwarzen Borsten der
Drähte kriechen, hing jener Lampenschirm, unter welchem tagtäglich die
Fliegen kreisten; doch hier in der Mitte des breiten Fensterbretts, wo
jetzt der Ausguß stinkt, stanken auch vordem
die zerdrückten Fliegen und die fauligen Fetzen der Milch aus dem Ausguß;
am Tisch in der Küche schmeckte die Zunge, wenn sie nach dem Mahle die
Finger abschleckte, noch die Flügel und die Därme der Fliegen wie die verbrannte
Rinde des Brots. An drei Tagen in der Woche wurde der Rahm in der Maschine
von der Milch getrennt. Inzwischen faulten im
Innern der Maschine und in den Töpfen auf dem Beton die Reste der Milch
und des Rahms. Vor dem Betrieb erst wurden sie mit gewärmtem Wasser herausgespült.
Meist aber waren die Reste so hart geworden, daß sie mit dem Messer von
dem Blech geschabt werden mußten; sie wurden dann aus dem Kübel hier in
den Ausguß geschüttet. Ich saß davor auf dem Stuhl oder ich hatte den Schemel
an die Mauer gestellt und stand auf dem Schemel und sog den Geruch
ein; mein Mund war geöffnet; die Flügel der
Nase regten sich nicht; ich atmete flach, wie wenn ich gelaufen wäre; das
Gesicht sei ohne Schatten geblieben. In ein verzerrtes Gesicht wären Schatten
gesprungen, die Wangen wären dick geworden, die Lippen hätten sich eingestülpt.
Dies sei die herkömmliche Miene des Ekels, sagte
mein Bruder. -
Peter Handke, Die Hornissen. Frankfurt am Main 1977
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