weitorgan
Im größeren Fenster verharrte eine menschliche Gestalt. Von wenigen
Lämpchen sparsam, aber effektvoll angeschimmert, saß sie vor einem Notenpult
aus Blech, auf dem ein halbzerfetztes Blatt von einer Wäscheklammer festgehalten
wurde. Ich drückte meine Nase an die Scheibe und erkannte Bertini, der ausdruckslos
auf das fragmentierte Musikstück blickte. Er trug das kurze, knappe Oberteil
eines mit Knöpfen und Tressen üppig verzierten Fracks, war unterhalb dieser
Kostümierung jedoch nackt und hielt - so kam es mir beim ersten Hinschauen vor
- sein bleiches erigiertes Glied mit den Fingerspitzen beider Hände. Erst das
genauere Betrachten offenbarte, daß dieser zehnfach abgestützte Penis ein Vorsatz
war, den sich der Musikant oberhalb des eigentlichen,
unauffällig abhängenden Gliedes auf dem Bauch befestigt hatte. Zierliche Achsen
und Klappen deklarierten das Zweitorgan zum spieltauglichen Instrument, zu einer
Flöte, deren Erklingen allein für eine kurze Nachdenkpause
ihres Bläsers unterbrochen schien. - Georg Klein, Barbar Rosa. Eine Detektivgeschichte. Berlin
2001
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