immer frei  »Stellen Sie sich vor«, begann er, »ich habe alles verloren. Ich bin sozusagen ein Dieb. Das Geld, das ich verspielt habe, gehörte nicht mir. Ich bin nicht reich, aber ich habe eine gute Stelle im Handel. Mein Prinzipal hat mich nach Marseille geschickt, ich sollte da ein paar Wechsel eintreiben. Ich habe das Geld kassiert, dann den Zug genommen und bin hierhergefahren, um mein Glück zu versuchen. Ich habe verloren. Was wollen Sie schon? Man wird mich verhaften, wird sagen, ich sei ein unehrenhafter Mensch, und doch habe ich nichts von diesem Geld gehabt. Ich habe ja alles verloren. Hätte ich gewonnen, niemand hätte mir etwas vorgeworfen. Ach, ich hab' eben Pech! Bleibt mir nur noch übrig, mich umzubringen.«

Und plötzlich richtete sich der junge Mann auf, setzte einen Revolver an den Mund und drückte ab. Man trug die Leiche hinaus. Einige Spieler schauten flüchtig hin, doch keiner ließ sich stören, ja, die meisten merkten nicht einmal etwas von dem Zwischenfall. Aber auf den Geist des Barons des Ygrées machte er einen tiefen Eindruck. Er hatte alles verspielt, was Macarée hinterlassen hatte und was ihrem Kind zugedacht war. Als François wegging, hatte er das Gefühl, die Welt schließe sich rings um ihn zusammen wie eine Gefängniszelle, dann war ihm, als stehe er in einem Sarg. Er kehrte in die Villa zurück, wo er wohnte. An der Haustür blieb er vor Mia stehen; sie plauderte mit einem Reisenden, der ein Köfferchen trug. »Ich bin Holländer«, sagte der Mann, »aber ich wohne in der Provence und möchte für ein paar Tage ein Zimmer mieten. Ich bin hierhergekommen, um mathematische Beobachtungen zu machen.«

In diesem Augenblick warf der Baron des Ygrées mit der Linken Mia eine Kußhand zu, während er in der Rechten einen Revolver hielt. Dann schoß er sich eine Kugel durch den Kopf und sackte im Staub zusammen.

»Wir haben nur ein einziges Zimmer zu vermieten«, sagte Mia. »Aber jetzt ist es frei«.  - Guillaume Apollinaire, Der gemordete Dichter. Frankfurt am  Main ca. 1987 (zuerst 1916)

Zimmer frei ⁽²⁾

- Leone Frollo