ifferblatt
Ich stieß mich von der Wand ab, ich stand auf breit gegrätschten
Beinen, die in die weiche Masse des Parketts einsanken, ich drehte den
Kopf wie die Kuppel eines Riesenturms und bemerkte die Uhr auf dem
Nachttisch. Das Zifferblatt war der Boden eines leuchtenden Trichters.
Der Sekundenzeiger schob sich in unheimlich verlangsamter Bewegung
darüber hin. Hinter dem Zeiger blieb eine Spur zurück, weißer als die
Emaille des Zifferblatts, das sich zu einer von oben gesehenen Ebene mit
Militärkolonnen ausweitete. Der kalkige Grund zwischen den
Marschierenden wurde von Explosionen zerrissen, ihr Rauch verdrehte sich
zu einem Gesicht, zu den weichen Masken einer lautlosen Agonie. Der
Ameisenhaufen der Infanteristen erstarrte, das Blut, das von ihnen
herabtropfte, bildete runde Flecken roten Sumpfs, sie gingen weiter bei
gleichmäßigem Trommelschlag, bedeckt mit Staub und Blut. Die Schlacht
schrumpfte, als ich die Uhr weglegte, aber sie hörte nicht auf. Das
Zimmer schwankte. Es vollzog langsam eine Drehung und warf mich zur
Decke. Irgend etwas hielt mich im Fallen an. Ich glitt auf Knie und
Hände. Ich lag neben dem Bett, und das Zimmer eilte immer langsamer,
alles verband sich wieder, bis es stehenblieb. Mit dem Kopf wie ein Hund
auf dem Fußboden warf ich einen Blick auf die Uhr, die an der
Nachttischlampe lehnte. Es war ein Viertel vor Eins.
Dort geschah nichts mehr,
der Sekundenzeiger ging langsam wie eine Ameise.
- Stanislaw Lem, Der Schnupfen. Frankfurt
am Main 1979
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