igarette Frauen
sind wie Zigaretten: Zuletzt sammelt sich das ganze Gift im Mundstück. -
George Bernard Shaw
Zigarette (2) Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Hector Munro als Freiwilliger. Trotz seiner angegriffenen Gesundheit zeigte er ein unglaubliches Durchhaltevermögen, rannte mit kindlichem Vergnügen in Schützengräben herum und kroch durch Schlammlöcher. Als man ihn zum Offizier ausbilden wollte, weigerte er sich, da er befürchtete, so nie bis an die Front gelangen zu können. Bei ihrem letzten Treffen rief Ethel Munro dem Bruder nach: »Bring auch für mich einige um!« - die Vorfahren der Munros waren allesamt ›fighters and writers‹.
Am 13. November 1916, einem kalten dunklen Wintermorgen, setzte sich der
Korporal Hector Munro, von den langwierigen Angriffen auf Beaumont-Hamel erschöpft,
zum Ausruhen in einen Granattrichter. Einer seiner Leute zündete sich eine Zigarette
an, »Mach die verdammte Zigarette aus!« rief Munro — der deutsche Scharfschütze
zielte auf die Stimme, nicht das Licht. - Nachwort zu: Saki, Die offene Tür. Zürich
1973
Zigarette (3) Ich grinste und nahm ein Streichholz, um seine dicke ägyptische Zigarette anzuzünden.
»Zu allem Überfluß«, sagte ich, »ruft mich auch noch Orrins Schwester an und erzählt mir, er sei in Ihrem Haus. Ich gebe zu, jedes einzelne ist ein schwaches Argument. Aber irgendwie laufen alle bei Ihnen zusammen.« Ich paffte friedlich meine Zigarette.
Er beobachtete mich. Sein Gesicht schien zu verschwimmen, es wurde undeutlich, es schien sich zu entfernen und zu nähern. Ich fühlte eine Beklemmung in der Brust. Meine Gedanken bewegten sich im Schildkrötentrab.
»Was ist denn hier los?« hörte ich mich murmeln.
Ich faßte die Armlehne meines Sessels und hievte mich hoch. »Schön blöd war ich, was?« sagte ich, und hatte meine Zigarette noch immer im Mund und rauchte sie noch immer. »Blöd« war wohl nicht das richtige Wort. Muß mir ein neues ausdenken.
Ich war aus dem Sessel raus, und meine Füße steckten in zwei Betonröhren. Wenn ich redete, schien meine Stimme durch Watte zu dringen.
Ich ließ die Stuhllehne los und griff nach der Zigarette. Ich verfehlte sie mehrmals, dann endlich hatte ich meine Hand darum herum. Fühlte sich nicht an wie eine Zigarette. Fühlte sich an wie das Hinterbein von einem Elefanten. Mit scharfen Fußnägeln. Sie stachen mir in die Hand. Ich schüttelte meine Hand, und der Elefant nahm sein Bein weg,.
Eine undeutliche, aber riesengroße Gestalt drehte sich vor mir, und ein Maulesel schlug aus und traf mich auf der Brust. Ich setzte mich auf den Fußboden.
»Ein bißchen Kaliumcyanid«, sagte eine Stimme durch ein transatlantisches Telefon. »Nicht tödlich, noch nicht mal gefährlich. Nur entspannend ...«
Ich bemühte mich, vom Boden loszukommen. Sie müssen das mal versuchen. Aber
lassen Sie den Boden vorher festnageln. Dieser Boden drehte sich rundum. Etwas
später beruhigte er sich ein bißchen. Ich ließ es bei 45 Grad gut sein. Ich
nahm mich zusammen und fing an, irgendwohin zu gehen. Am Horizont war etwas,
vielleicht Napoleons Mausoleum. Als Ziel war das gut genug. Dorthin brach ich
auf. Mein Herz schlug schnell und schwer, und ich hatte Mühe, meine Lungen weit
zu machen. So wie wenn man beim Fußball außer Atem kommt. Man denkt, man wird
nie wieder Atem kriegen. Nie wieder, nie, nie. - Raymond Chandler, Die kleine Schwester. Zürich 1975
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