Verrinnen  Dieses Gefühl von Abenteuer geht entschieden nicht von den Ereignissen aus: der Beweis dafür ist erbracht. Es ist vielmehr die Art, in der sich die Augenblicke verketten. Ich denke, daß es sich folgendermaßen verhält: plötzlich fühlt man, daß die Zeit verrinnt, daß jeder Augenblick zu einem weiteren Augenblick führt, dieser zu einem weiteren und so fort; daß jeder Augenblick sich in Nichts auflöst, daß es sich nicht lohnt, zu versuchen, ihn festzuhalten, usw. usw. Und so schreibt man diese Eigenart den Ereignissen zu, die sich einem in den Augenblicken zeigen; was eigentlich Form ist, überträgt man auf den Inhalt. Kurz, über dieses berühmte Verrinnen der Zeit wird viel geredet, aber man sieht es kaum. Man sieht eine Frau, man denkt, daß sie alt sein wird, nur man sieht sie nicht altern. Aber zeitweilig scheint es, daß man sie altern sieht und daß man sich mit ihr altern fühlt: das ist das Gefühl von Abenteuer.

Man nennt das, wenn ich mich recht erinnere, die Unumkehrbarkeit der Zeit. Das Gefühl des Abenteuers ist vielleicht ganz einfach das der Unumkehrbarkeit der Zeit. Aber warum hat man es nicht immer? Ist die Zeit denn nicht immer unumkehrbar? Es gibt Momente, wo man den Eindruck hat, daß man tun kann, was man will, vorwärtsstürmen oder zurückgehen, daß das keine Bedeutung hat; und dann andere, in denen man meinen könnte, daß die Maschen sich zusammengezogen haben, und in diesen Fällen gilt es, seine Chance nicht zu verpassen, weil sie nicht mehr wiederkehren würde.   - Jean-Paul Sartre, Der Ekel. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1938)

 

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