reignis  Verrate die Ereignisse - das Sonnenlicht auf den Blättern, den blauen Himmel - nicht an die Sprache. Die Kunst wäre es, zu warten, sich zu konzentrieren, bis diese Ereignisse von selber Sprache würden ... Die Blätter im blauen Azur schimmern an den Rändern und sind fast hinüber ins materienlose Blau, an ihren Spitzen mehr Erscheinung als Gegenständlichkeit. »Verlangend« wirken sie, auf das tiefe Blau sich zubewegend, zitternd (so wie ich schreibend zittere), durchschienen von der Sonne, die sie mit mir aufhebt in etwas Zeitliches: in die Zeit dieses hellen stillen Frühnachmittags am Rand des Parks von Vanves/Hauts-de-Seine (zu manchen Ereignissen gehört der Name des Ortes dazu) - (bleist)

Ereignis (2) Auch wenn Wissenschaftler den Big Bang schon seit geraumer Zeit mit Formeln und angemessenen Wörtern zu beschreiben versuchen, ist doch der gewählte Terminus Urknall, den  Fred Hoyle am 25. Februar 1950 während der BBC-Radiosendung "Man's Place in the Expanding Universe" erstmals zum Besten gab, alles andere als angemessen. Schließlich war der Urknall im eigentlichen Sinne weder ein "Ereignis" - hierfür wären die Koordinaten Zeit und Raum eine entscheidende Voraussetzung gewesen - noch eine Explosion im herkömmlichen Sinn. Ebenso wenig ging er mit einem Knall einher, da ein solcher eine räumliche Dimension und zugleich einen Luftwiderstand erfordert hätte. Nein, der Urknall war alles andere als eine Explosion irdischer Art, da er sich eben nicht in einem bereits existierenden Raum "ereignete". - telepolis

Ereignis (3) Die brünette Georgette, die so zärtlich sein konnte mit der Lesbierin Elvire, wurde zu einem wahren Teufel, wenn es darum ging, die alte Haut des Generals Breziansko zu peitschen. Sie erfüllte diesen Dienst mit um so mehr Eifer und Gründlichkeit, als sie jedesmal, wenn ihre Mühen von Erfolg gekrönt waren, eine Summe erhielt, die funfündzwanzigtausend Franc unserer Währung entsprach. Das Ereignis war rar, trotzdem zeigte sich der wackere alte Breziansko nicht weniger großzugig, und Georgette war mit ihrer Lage zufrieden. - (apol)

Ereignis (4)  Die  beobachteten Ereignisse kann man in drei Arten unterteilen, in sichere, unmögliche und zufällige.

Sicher ist ein Ereignis, das unbedingt eintritt, wenn eine bestimmte Gesamtheit von Bedingungen realisiert wird. Eine Münze z. B. wird in den Sand geworfen, ihre Anfangsgeschwindigkeit beträgt 1 Meter je Sekunde. Das Ereignis „die Münze fällt in den Sand" ist sicher.

Gleichermaßen ist ein Ereignis unmöglich, das bei den vorhandenen Bedingungen offensichtlich nicht eintreten wird. Beispielsweise ist unter denselben Bedingungen das Ereignis „die Münze fliegt auf den Mond" unmöglich.

Zufällig ist ein Ereignis, das unter den gegebenen Bedingungen eintreten kann, aber nicht einzutreten braucht. Dieselbe Münze kann sowohl mit der Zahl als auch mit dem Wappen fallen. Deshalb ist das Ereignis „die Münze fällt mit dem Wappen" zufällig.

Jedes zufällige Ereignis (Zahl oder Wappen beim Werfen der Münze beispielsweise) ist das Ergebnis der Wirkung vieler Ursachen (u. a. der Kraft, mit der die Münze geworfen wurde, der Form der Münze, der Gegebenheiten der Luft an dem Ort, wo sie geworfen wurde, der Wurfrichtung). Es können unmöglich alle Faktoren berücksichtigt werden, darüber hinaus sind einige davon überhaupt nicht bekannt. Deshalb stellt sich die Wahrscheinlichkeitstheorie nicht die Aufgabe, vorherzusagen, ob ein Einzelereignis eintreten wird oder nicht; dies zu tun liegt einfach nicht in ihren Kräften.

Anders ist es, wenn zufällige Ereignisse betrachtet werden, die vielmals unter den verschiedensten Bedingungen zu beobachten sind, d. h., wenn von zahlreichen, gleichartigen Ereignissen gesprochen wird. Ein Beispiel. Obwohl im voraus das Ergebnis eines Münzwurfes nicht bestimmt werden kann, so kann man trotzdem hinreichend genau die Anzahl der Wappen angeben, wenn die Münze unter gleichen Bedingungen sehr oft geworfen wird. Eine ausreichend große Anzahl gleichartiger zufälliger Ereignisse ist, unabhängig von ihrer konkreten Natur, bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen, und zwar den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit. Mit dem Herausfinden genau dieser Gesetze und Gesetzmäßigkeiten beschäftigt sich die Wahrscheinlichkeitstheorie.

Setzen wir unser Gespräch über die Ereignisse fort und führen wir noch einige Definitionen ein.

Ereignisse sind unverträglich, wenn das Eintreten eines Ereignisses während der Versuche das Eintreten anderer ausschließt.

Ereignisse sind einzig möglich, wenn als Ergebnis der Prüfungen nur ein (und ausschließlich nur ein!) Ergebnis sicher ist. Wenn Sie beispielsweise auf eine Zielscheibe schießen, so sind nur zwei Ereignisse möglich: Entweder Sie treffen, oder Sie schießen vorbei. Diese Ereignisse sind einzig mögliche Ereignisse.

Ereignisse sind gleich möglich, wenn man annehmen kann, daß keines dieser Ereignisse möglicher ist als ein anderes.  - Vladimir Petrovic Karcev und Petr Michailovic Chazanovskij, Warum irrten die Experten? Unglücksfälle und Katastrophen aus der Sicht rechnischer Zuverlässigkeit. Berlin 1990 (zuerst 1980)

Ereignis (5) Die Ereignisse kommen nicht, schrieb der Physiker Eddington, sie sind da, und wir begegnen ihnen auf unserem Weg. Das Stattfinden ist bloß eine äußerliche Formalität. Der Unfall, der Lottogewinn, der Liebesbetrug, sie sind alle schon da. Sie warten nur darauf, daß wir ihnen zustoßen.  - Botho Strauß, Der junge Mann. München Wien 1984

Ereignis (6)  So will ich denn in aller Stille, wie Schritte in den Schnee, meine Spuren machen und von vornherein einen solch abgeschiedenen Ton wählen, mit dem man durchaus niemandem in den Ohren liegen kann. Vielleicht gelingt es, zu jenen lautlosen und ruhenden Ereignissen zurückzufinden, die lange darauf warten müssen, daß jemand zu ihnen stößt und sie zum Leben erweckt. Allegorien. Initiationsgeschichten. RomantischerReflexionsRoman. Ein wenig hergebracht, ein wenig fortgetragen.

»Es sind abgehauene Wurzeln, die von neuem ausschlagen, alte Sachen, die wiederkehren, verkannte Wahrheiten, die sich wieder zur Geltung bringen, es ist ein neues  Licht, das nach langer Nacht am Horizont unserer Erkenntnis wieder aufgeht und sich allmählich der Mittagshöhe nähert.« Giordano Bruno, Vom unendlichen All und den Welten, Fünfter Dialog.  - Botho Strauß, Der junge Mann. München Wien 1984

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