onntagstote In
Chateauneuf, in meiner Kindheit, waren es die Patissiers, welche Wild verkauften.
Am Tag der Eröffnung der Jagd, ab neun Uhr morgens, hingen vor ihren Ladenfenstern
die Rebhühner in Girlanden. Und auf den Gestellen die Kaninchen, in Reihen,
sich ineinanderkuschelnd, zeigten sie ihre weißen Bäuche, ihre bläulichen Ohren,
ihre zusammengebundenen Pfoten und ihr Maul, gelb vom Mist im Kaninchenbau.
Der Duft von Babakuchen, von Mandelgebäck und Pfefferminzbonbons neutralisierten
den Geruch der toten Tiere. Was die Gewohnheit soll? Die erlegten Kaninchen,
diese kleinen Sonntagstoten, bleiben für mich stets in Verbindung mit dem Moment,
wenn ich von der Sonntagsmesse kam, eine Erinnerung ans Missale, an die Federhüte
und den Klatsch der Frauen, die ihre Schleier hoben, bissen sie in die Creme-Patisserien,
den Hals gereckt, um sich nicht zu bekleckern, und den kleinen Finger beiseite
gespreizt. -
Maurice Genevoix, nach (
loe2)
Sonntagstote (2) Eine Szene im Film erinnert an einen Brauch im Staat Guerrero - in diesem Staat werden von Zeit zu Zeit Kampagnen zur depistolización durchgeführt, nach denen jeder nichts Eiligeres zu tun hat, als sich zu repistolisieren. In dieser Szene tötet ein Mann einen anderen und flieht dann. Die Familie des Toten nimmt die Leiche und trägt sie von einem Haus zum anderen, zum Abschied von Freunden und Nachbarn. Vor jeder Tür wird getrunken, man umarmt einander, und manchmal wird auch gesungen. Schließlich kommt man vor dem Haus des Mörders an, dessen Tür trotz aller Rufe verschlossen bleibt.
Der Bürgermeister eines Dorfes erklärte mir einmal, als sei es das Natürlichste
von der Welt: „Cada domingo tiene su muertito" - „jeder Sonntag hat seinen
kleinen Toten". - Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am
Main 1985
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