.I.P.

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bin erkältet

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bin auch erkältet

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klinisch tot

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erschossen

X- (

gerade verstorben

8-#

tot

- (Reilly2)

R.I.P. (2)  »Faß an! — Vorwärts!« »Na ja!«

Flüsterndes Gespräch. Er hört, wie der Holzdeckel auf den Sarg gelegt und zurechtgerückt wird. Das Schluchzen und jammervolle Weinen seiner Frau vernimmt er nicht mehr; man hat sie wohl mit sanfter Gewalt weggeführt.

Knirschend bohren sich die Verschlußschrauben in die Bretterwand. Er hört auch das Rauschen und Scharren der Blumentöpfe und Sträucher, die zur Seite gerückt werden. Einer niest und stößt dabei mit dem Rücken an den Sarg, daß er wackelt. Der Kerl schimpft leise vor sich hin. Der Körper des Aufgebahrten ist starr — ohne jedes Gefühl. Nicht das kleinste Glied vermag er zu bewegen. Aber er hört! Und das Gehirn arbeitet wie das Räderwerk einer toll gewordenen Taschenuhr. Die gewohnten Dienstleistungen der Nerven und Muskeln versagen. Nicht den leisesten Schrei kann er ausstoßen. Es fehlt auch der nötige Atem dazu. Das Gehirn aber läßt ihn mit grausamer Schärfe erkennen, daß es sich diesmal um keinen Traum handelt. O nein. Volle zwei Tage liegt schon sein armer, kalter Leib auf dem Grund der Truhe, eingezwängt zwischen die schiefen Wände. Und volle zwei Tage hat man an seiner Seite, dicht neben ihm, geflüstert, geweint, getröstet, gebetet und mit Kranzschleifen geknistert. Die große Pendule in seinem Arbeitszimmer hat unerbittlich halbe und ganze Stunden dumpfklingend verkündet.

Das Gehirn, nur mehr vom Gehörsinn beeinflußt, der von fast übernatürlicher Empfindlichkeit ist, läßt sich von den auftauchenden Hoffnungsgedanken nichts mehr vortäuschen. Das Gehirn weiß es: »Ich lebe noch — und doch werde ich begraben!« Was waren die letzten körperlichen Angstgefühle gegeir dieses! Gegen das entsetzliche Wissen. Ein brutales Zerquetschen des Herzens — Erstickungsangst — Gefühlshalluzinationen — und dann das allmählich klar und frei werdende Bewußtsein. Gleich darauf die furchtbare Entdeckung, daß der Körper nicht mehr gehorcht, tot ist — und doch nicht tot — denn er hört! In seinen Vorstellungen erscheinen die gellenden Schreie, die bittenden Worte, die er rufen will; das Heben des Armes und die pochenden Schläge seiner Faust an den Deckel; das Beugen und Strecken der Füße, um an das Sargende zu poltern. Aber es geht nicht — die Organe wirken nicht mehr zusammen.

Schwere Tritte nähern sich. Gemurmel — kratzendes Geräusch — ein Schleifen schwieliger Hände auf gehobelten Brettern — leises Niederstellen. Eine tiefe Stimme spricht lateinische Worte — eine. helle antwortet monoton. Die Kette des Rauchfasses klirrt. Und wieder hört er das wilde Aufschluchzen seiner Frau. Dann verstummt es.

Ein Wagen rollt, Pferde stampfen und klappern mit dem Gebiß, der Kies knirscht — und leise kreischend gleitet der Sarg auf eine feste Unterlage. Ein Gesumme von Menschen, ein Trappeln von Füßen — dann rollt leise der Wagen — — — Seine Gedanken jagen sich in irrem Schreck, stürzen in Abgründe voll schwarzer Schauer und drehen sich in wahnsinnigen Wirbeln. Ist es denn möglich, ist es denn denkbar, daß man ihn einfach so...?!

Und gedämpft dröhnt ein schrecklicher, markerschütternder Posaunenruf an sein Ohr, der alles andere übertäubt. Ein Mollakkord — trostlos, unentrinnbar, mächtig. Dazwischen brummen die Glocken — bleischwere, zitternde Töne niedersenkend.

Er hört, wie man ihn herabhebt, hört die nachfolgenden Schritte und an der Veränderung des Schalles erkennt er, daß man auf frischer Erde geht. In krampfartig wiederkehrender Qualvorstellung gellt in seinem Kopfe der Angstschrei. Wieder wechseln die zwei Stimmen in düsterer Folge Frage und Antwort, wieder klirrt das Rauchfaß. — Dann klingt laut und deutlich der Abschiedswunsch:

»Requiescat in pace.«

Ein kaum vernehmbares Weinen, dessen schwacher Laut untergeht in dem Geräusch am Sarge. Er senkt sich, mit hohlem Klang stößt er auf den Boden, schnurrend werden die Seile heraufgezogen. Klatschend fällt ein Kranz — ein zweiter und dritter — Erdklumpen schollern nach, immer mehr — immer mehr — und — dann — wird es ganz still... Und jetzt kann er zwei Finger der rechten Hand ganz gut bewegen. — — - Paul Busson, Rettungslos. In: Jenseits der Träume. Seltsame Geschichten vom Anfang des Jahrhunderts. Hg. Robert N. Bloch. Fankfurt am Main 1990 (st 1595)

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