edeschwälligkeit
Ich will jetzt großzügig sein und das, was ich schon
seitenlang schreibe, nicht als langweilig bezeichnen; ich muß erklären, daß
Feiertage gewesen sind, daß Ingrid menstruierte, Euthine einen Kartarr hatte,
der sie reizte und weinerlich machte, daß das Wetter übel war, daß ich also
ein Vademecum zu meiner Schrift hatte wie die dicke brummende Wespe, die ich
eben am Fenster erdrückte, bevor ich zu schreiben begann. Ich wage mich natürlich
auch jetzt nicht an große Dinge, dazu bin ich zu wenig Stümper, das kann ein
Hochhuth besser, und will versuchen, statt hierhin zu rennen, statt dort zu
stehen, statt auf der Stelle zu hüpfen, einer Prozession von Studenten zu folgen,
die ein verletztes und blutbeschmiertes Mädchen durch das Universitätsviertel
von Maryland tragen, an den Tod von sechs Jugendlichen, während der Studentenproteste
letzter Woche anzuknüpfen und die Regierung vor weiteren Gewalttaten zu warnen.
Aber wenn ich träume im Winter vom täglichen Aufruhr meiner Krankheit beschäftigt
zu sein, daß ich kein Buch lesen kann, geschwaige einen Gedanken haben kann,
froh bin um die Ablenkung des Fernsehers; und diese Tage im Mai, wenn sich schon
am Vormittag Gewitterwolken bauschen und ich im Schatten eines Baumes sitze
und schwitze und wisch mir den Schweiß ab, da meine dicke Hand das Sacktuch,
wie sie mir Susn aus alter Wäsche näht, auf die gedunsenen Buckel meines Gesichts
lege, die ich spüre und deren unbezweifelter Besitz mich verrückt macht, sobald
der Schweiß das Tuch durchtränkt hat und mir die Hand wie eine Torheit im Gesicht
liegt. Wah! dieses alte Gesicht in meiner Hand! Klingelt nicht Susn? daß ich
in meiner Spinnerel das Klingeln überhört hab oder klingelt sie mir nicht zum
Essen? Würste wird es geben, weil an diesen Tagen Susn eine kurze Küche machen
muß, damit sie mir bei einem Anfall zur Redeschwälligkeit behilflich sein kann.
- (acht)
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