loskaufen (sich)  Der Jüngling sagte: »Um ein Gottmensch zu werden, will ich mich nicht weigern, in siedendem Wasser zu baden oder in die Flammen zu springen.« Da nahm der Mönch ein Schwert zur Hand, reichte es ihm und sprach: »Nimm dies, ziehe damit nach Deiner Heimat und töte noch diese Nacht Deine Mutter und Dein Weib! Zum Zeichen sollst Du dann das Schwert vor die Türe hängen, sobald es abgetan ist!« »Ich will es tun«, entgegnete der Jüngling, »aber nach meiner Heimat ist es mehr denn zehntausend Meilen. Wie könnte ich es heute schon vollbringen!« Da nahm der Mönch einen Stab zur Hand, reichte ihn ihm und sagte: »Dieser Stab soll Dir als Fahrzeug dienen. Nur schließe die Augen, während Du fährst, bis der Stab sich zur Erde senkt. Dann öffne sie wieder, und tue ebenso auf der Heimkehr!«

Da nahm der Jüngling das Schwert, schloß die Augen und setzte sich rittlings auf den Stab. Plötzlich flog dieser von selber hoch, er fühlte nur noch den Wind um seine Ohren sausen. Nicht lange, so senkte sich der Stab wieder mit ihm hinab. Er öffnete die Augen und schon stand sein Haus dicht vor seinem Blick. Als er leise die Tür auftat und hineinging, war es Mitternacht. Er ging zuerst nach seinem Zimmer, auf Zehen schleichend, bis vor das Bett. Im Dunkeln tastete er und suchte das Haupt seiner Frau. Als er es unter den Händen fühlte, wandte er sein Gesicht und biß die Zähne aufeinander. Dann hieb er mit Todeskraft der Frau das Haupt vom Rumpfe. Darauf ging er in das Zimmer seiner Mutter und tat ebenso. Als es vollbracht war, troff seine Stirn von Schweiß. Mit großen Schritten ging er hinaus, hängte das Schwert vor die Tür und ritt, nachdem er die Augen geschlossen, auf dem Stabe eilends durch die Lüfte davon.

Am andern Morgen erwachten die beiden Frauen aus dem Schlafe und die Schwiegertochter sprach zu ihrer Mutter: »Heute nacht träumte mir, Dein Sohn sei gekommen.« »Mir träumte das gleiche«, erwiderte die Mutter. Sie standen auf und fanden in jedem Bette einen kopfgroßen Klumpen Gold, sahen einander an und erbleichten, denn sie wußten nicht, wie dies sich zugetragen. Als sie aber die Tür öffneten, fanden sie den Jüngling am Türhaken erhängt. Nun dachten sie, er habe vielleicht ein Verbrechen begangen und sich aus Furcht aufgehängt. Sie weinten und wehklagten, kauften einen Sarg und ließen ihn sogleich begraben. Da sie aber das Gold besaßen, vermochten sie ohne Sorge zu leben.

Als der Jüngling sich mit dem Stabe zur Erde gesenkt und die Augen geöffnet hatte, befand er sich wieder auf dem Gebirge, wo er zuvor gewesen. Nur die Hütte sah er nicht mehr und auch der Mönch war verschwunden. Aber das Schwert, das er gebraucht, lag auf der Erde, man konnte noch die frischen Blutspuren daran erkennen. Eben stand er noch in Schrecken und Verwunderung, da vernahm er plötzlich das Gebrüll wilder Tiere in der Nähe. Er ging hin und sah nun, daß vier oder fünf Bestien sich dort befanden und an seinem eigenen Leichnam fraßen. Da wurde ihm klar, daß er bereits unter die Gottmenschen eingegangen. Plötzlich unterschied er nichts mehr von dem, was um ihn war, nicht Gebirg noch Meer, weder Pflanzen noch Getier. In den Lüften schwebend, glitt er hin und wieder über Himmel und Erde, leicht und frei wie Nebel und Wolken. - Chinesische Abende. Märchen und Geschichten aus dem alten China. Hg. Leo Greiner. Frankfurt am Main 1991

Loskaufen (2)  Talbi war eine uigurische Prostituierte, in die sich Ma Jung sechs Monate zuvor heftig verliebt hatte. Es war jedoch eine kurze Liebesaffäre gewesen, denn trotz Talbis überwältigender Reize war er ihrer bald überdrüssig geworden, da sich herausstellte, daß sie eine unheilbare Vorliebe für ranzigen Buttertee hatte und eine ebenso unheilbare Abneigung dagegen, sich gründlich zu waschen. Als er außerdem entdeckte, daß sie bereits einen festen Liebhaber hatte, einen mongolischen Kameltreiber, dem sie zwei Jungen im Alter von vier und sieben Jahren geschenkt hatte, beendete Ma Jung das Verhältnis auf elegante Weise. Mit Hilfe seiner Ersparnisse kaufte er sie frei und richtete ihr eine eigene Suppenküche unter freiem Himmel ein. Der Kameltreiber heiratete sie, und Ma Jung diente als Trauzeuge bei einem Hochzeitsfest mit geröstetem Lamm und unverdünntem mongolischem Alkohol, das bis zum Tagesanbruch dauerte und ihm den schlimmsten Kater einbrachte, den er seit Jahren gehabt hatte.  - Robert van Gulik, Das Phantom im Tempel. Zürich 1989
 
 

Befreiung Kauf

 

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