eben, zukünftiges
Was wird aus mir werden? Heute ist ein Brief von Gustis Bruder Max aus
Regen gekommen, der dort Tierinspektor ist, und ein Haus für mich weiß
mit 8 Tagwerk Weihergelände. Ich werde nächste Woche zu ihm fahren. Ich
werde das Grundstück in Gauting verkaufen und Geld haben. Ich werde in
den Bayerischen Wald ziehen und alt werden. Vielleicht verkaufe ich
Fische. Ich werde ein Alterswerk schreiben und Ruhe haben. Im Frühjahr
wird es dem Löwenzahn an der warmen Luft die Köpfe zerreißen, daß sie
gelb sind. Meine Frau wird mit einer Hacke und im Badeanzug Blumenerde
lockern, daß ihre tiefen Brüste wackeln. Euthine wird zu Besuch kommen
und ihr Kind wird einen Spatz von einer Regenpfütze aufscheuchen, in der
er sich gebadet hat; das wird mich sehr ärgern und ich werde über das
Kind herfallen und es verprügeln. Das wiederum wird Euthine erbosen, daß
sie mir einen groben Schubs gibt und ich auf den Arsch fliege und die
Knochen scheppern, falls ich dürr bin oder das Fleisch klatscht, falls
ich fett bin. Ich werde mir den bei meinem Sturz weggeflogenen Schuh
wieder holen und ihn anziehen und ins Haus gehen, damit niemand weiß,
was ich vorhabe. Ich werde das Haus durch die hintere Tür verlassen und
versuchen schmerzfrei zu pinkeln; dann werde ich mir überlegen, in
welchem Kaufhaus ich die für mich besseren Filzpantoffeln gesehen habe,
beim Kraut, Schötz oder doch dem billigeren Paul, Ich werde ins Bad
gehen und mich mit dem schwarzen Kamm kämmen. Dann werde ich mich
scheiden lassen und auch die Tiere meiner Frau nicht hier behalten
wollen, die sie damals, als ich zum erstenmal meinen Entschluß hierher
zu ziehen äußerte, durch telefonischen Anruf im Tierpark sofort
zurückstellen hat lassen; Gott sei Dank ist ein so dämliches
Hängebauchschwein gleich im ersten Monat eingegangen, es ist in einem
der Weiher ersoffen. Ich werde alle Weiher auffüllen, das Gras wachsen
lassen und die Bäumchen hochkommen lassen, deren Samen der Wind in das
Grundstück getragen hat. Dann werden 10 Jahre vergangen sein, daß ich
allein gewesen bin und ich werde mich von der Kloschüssel erheben und
der Himmel wird blau sein. Ich werde aus meinem alten Schrank eine weiße
Wolke lassen. Ich werde aus dem Zimmer gehen und merken, wie das Gras
jedem meiner Schritte nachgibt. Ich werde es genießen, nicht bei jedem
Tritt von meiner Frau und vor allem dem Kind verfolgt zu sein oder
seinen Fragen. Ich werde das allerhellste Grün der jungen Ahornbäume
sehen. Ich werde mir überlegen, wie ich die feuchte Scheide eines
Mädchens berühren konnte. Ich werde ein Scheit Holz nehmen und es einen
Vormittag lang kleinsägen und nachdenken. Ich werde an die graue Donau
fahren und nachdenken. Ich werde auf eine Sitzung des Gemeinderats gehen
und nachdenken. Ich werde im Liegestuhl sitzen und eine Kaffeetasse im
Sonnenschein stehen sehen. Der ferne Wald wird dunkel sein. Ein Flugzeug
wird einen kurzen Schatten auf mich werfen. Wer mich antrifft, wird
mich später als schlaff wirkend bezeichnen, zerfahren, an den Lidern des
linken Auges nervöse Zuckungen beobachten, fünf Jahre lang. Dann bin
ich fünfundsechzig Jahre alt. In meiner Begleitung befindet sich eine
junge Dame von achtzehn Jahren, körperlich sehr reif, sehr weiblich, die
ich als meine Sekretärin vorstelle. Man wird mich später als heiter,
optimistisch und vital schildern, daß ich mich straff hielt, mein Haar
voll und nach wie vor kaum ergraut war, kurz ich werde eben erheblich
jünger gewirkt haben. Unter vier Augen bekenne ich, daß die junge Dame
meine Geliebte ist. Als ich sie kennenlernte, war sie noch nicht einmal
sechzehn und Jungfrau. Potenzschwierigkeiten werde ich nicht kennen, ich
werde mich jünger fühlen als je zuvor. Wenn jemand mehr wissen will,
werde ich ihm die Tür vor der Nase zudrücken, ich werde mich unter Bäume
legen und die Bienen summen hören und nachdenken wie es gekommen ist,
daß es mir so gut geht. - (acht)
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