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Für ein Hundeleben ohne Leinenzwang
Verein "Hund und Gesellschaft" glaubt, daß Hunde und ihre Halter übel diskriminiert werden

Eva-Maria Kurtz und Ursula Sack sind zwei junge Frauen, gepflegt, redegewandt, selbstbewußt und auch noch engagiert. Wer ihnen gegenübertritt, kommt eigentlich nicht auf die Idee, Mitgliedern einer diskriminierten Randgruppe zu begegnen. Kurtz und Sack gehören trotz anderem Augenschein eben einer solchen Gruppe an, wenn auch einer sehr großen: Sie sind zwei von rund 130.000 Hundebesitzern in Berlin. Und damit gemeinsam mit ihren vierbeinigen Freunden der ganzen Wucht staatlicher Repression und gesellschaftlicher Ausgrenzung ausgeliefert, wenn man dem Verein "Hund und Gesellschaft" glauben darf, dem Eva-Maria Kurtz und Ursula Sack vorstehen.

Gestern überreichten die beiden Damen in Begleitung von Kurtz‘ Hündin Suse im Roten Rathaus dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen genau 22.350 Unterschriften für das Ende, so eine der drei zentralen Forderungen der Aktion, "der Diskriminierung hundehaltender Bürger als soziale Rand- und Problemgruppe".

Denn ein Hundehalterleben unterscheidet sich nach Meinung von "Hund und Gesellschaft" kaum noch von dem der Vierbeinigen. Das tägliche Gassigehen - ein Spießrutenlaufen durch das Spalier hundefeindlicher Mitmenschen. Wer es als Hundehalter wagt, in Begleitung des angeleinten Freundes eine Grünanlage zu betreten, muß damit rechnen, von der Polizei hochgenommen zu werden. "Es gab Großrazzien in Parks. Hundehalter werden wie Kriminelle verfolgt", klagt Ursula Sack, die einen Collie-Mischling ihr eigen nennt.

Die Wohnungssuche mit vierbeinigen Mitbewohnern — aussichtslos. Immer mehr Vermieter würden Hundehalter vor die Alternative stellen "Entweder der Hund oder Sie!", berichtet Frau Sack. Kommt es zur Trennung von Mensch und Tier, kommt es zur Familientragödie, schließlich: "Der Hund ist Familienmitglied."

Damit er dies bleiben und auch in der Großstadt ein diskriminierungsfreies Hundeleben führen kann, wollen die 65 in "Hund und Gesellschaft" zusammengeschlossenen Hundefreunde vor allem eine Nachschärfung der Berliner Hundeverordnung verhindern.

Weder der in der Diskussion befindliche allgemeine Leinenzwang noch die Liste mit gefährlichen Hunden, die etwa nach Meinung der Grünen in die Verordnung aufgenommen werden soll, findet ihr Wohlgefallen. Denn gerade die sogenannten Kampfhunde sind nach Meinung der ersten Vorsitzenden sehr menschenfreundlich. "Auf Hundekämpfe trainierte Hunde empfinden gegenüber Menschen eine Beißhemmung"‘ glaubt Eva-Maria Kurtz. Geschützt werden muß nach ihrer Ansicht die Gesellschaft vielmehr vor verantwortungslosen Hundehaltern, deren Anzahl der Verein jedoch auf etwa ein Prozent schätzt. Deshalb steht "Hund und Gesellschaft" laut ihrer Vorsitzenden auch dem Hundeführerschein "sehr positiv" gegenüber. Doch der Verein will nicht nur verhindern, sondern auch gestalten. In jedem Park müsse es ein Hundeauslaufgebiet geben, fordert Ursula Sack, schließlich werden in 13 Prozent aller Haushalte Hunde gehalten. Für das Problem, das vielen Großstädtern unter der Schuhsohle klebt — die vielen Tonnen Hundekot auf den Straßen — haben die Hundefreunde noch kein Patentrezept entwickelt. "Da muß noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden", sagt Eva-Maria Kurtz etwas unklar. - KLAUS WIEKING (Tagesspiegel v. 22.06.99)

Hundeverein (2) Heinrich Zille kam vergnüglich auf den Hund, malte schleifchengeschmuckte Dackel im Kaffeegarten oder Promenadenmischungen beim Herumtollen mit Kindern und brachte die Launen des Weltstadtlebens von Mensch und Hund humorvoll auf Papier, als wolle er klarmachen: Berlin ohne Hunde ist wie ein Zirkus ohne Spaßmacher.

1876 wurde die erste Berliner Hundevereinigung gegründet, der "Kynologische Verein Hector"; 1902 hob man den "Berliner Schoßhunde-Klub" aus der Taufe - und Hundeausstellungen waren schnell Publikumsrenner. Zum Beispiel 1899 in Pankow. "In den Gängen entwickelte sich ein furchtbares Gedränge", schildert die Zeitschrift "Wild und Hund" das Geschehen, "Es war eine Welt von Hundegeheul, Gebell und unqualifizierten Gerüchen." - Tagesspiegel v. 1. Januar 2000)
 
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