Gegenstand, literarischer  Der Autor weiß über seine eigene Arbeit nicht einmal so viel, wie andere darüber wissen; er darf es auch gar nicht. Ja, er hat die unbestimmte Empfindung, daß dieses doppeldeutige Wesen, dem er mit der Leibesqual und heroischen Unwissenheit einer Mutter das Leben schenkte, durch jeden Versuch, seinen »Sinn« zu ergründen, geschändet wird. Und obwohl er von Anfang an weiß, daß es der Schändung anheimfällt, bereitet ihm der Gedanke, daß man seiner Bedeutung nachspürt, instinktiven Abscheu. Ein natürlicher Impuls wird ihn immer wieder »verneinen« oder überhaupt nicht »begreifen« lassen, was die anderen »verstehn«. Der literarische Gegenstand ist dunkel, dicht, fast möchte ich sagen feist, undurchsichtig, mit dichten Faltenwürfen, die unablässig ihr Aussehen wechseln, ein verschwiegenes Gewebe aus klangvollen Worten. Von Grund auf doppelsinnig, nach allen Richtungen durchforschbar, ist er ungreifbar und unerschöpflich. Das literarische Wort ist unbegrenzt glaubwürdig: dank seiner Doppelsinnigkeit ist es unversehrbar. Es strahlt eine Aura verschiedenster Bedeutungen aus, es will alles sagen und folglich sagt es nichts; in seinem zarten, unverderblichen Fleisch birgt sich nicht der winzigste Tumor von »Weltanschauung«.   - Giorgio Manganelli, Literatur als Lüge. Nach (man)
 
 

Gegenstand Literatur

 

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