Fadheit  Mein Speichel ist süß, mein Körper ist lauwarm; ich fühle mich fade. Mein Taschenmesser liegt auf dem Tisch. Ich klappe es auf. Warum nicht? Das bringt jedenfalls ein wenig Abwechslung. Ich lege meine linke Hand auf den Notizblock und stoße mir das Messer fest in die Handfläche. Die Bewegung war zu nervös: die Klinge ist abgerutscht, die Wunde ist oberflächlich. Das blutet. Und was nun? Was hat sich geändert? Immerhin, ich sehe voll Genugtuung auf dem weißen Blatt, quer über die Zeilen, die ich vorhin geschrieben habe, diese kleine Blutlache, die endlich aufgehört hat, ich zu sein. Fünf Zeilen auf einem weißen Blatt, ein Blutfleck, das gibt ein schönes Andenken. Ich müßte darunter schreiben: «An diesem Tag habe ich es aufgegeben, mein Buch über den Marquis de Rollebon zu schreiben.»

Soll ich meine Hand verbinden? Ich zögere. Ich blicke auf das kleine, monotone Blutrinnsal. Jetzt gerinnt es. Es ist vorbei. Meine Haut sieht um den Einschnitt herum verrostet aus. Unter der Haut bleibt nur eine leichte Empfindung, genau wie die anderen, vielleicht noch fader.   - Jean-Paul Sartre, Der Ekel. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1938)

Fadheit (2)

 

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