Erwerbstrieb ›Was hat er denn gemacht? Hat er das Land erforscht, oder was?› fragte ich. ›O ja, natürlich,  er habe eine Menge Dörfer entdeckt, auch einen See — er wisse nicht genau in welcher Himmelsrichtung; es sei gefährlich gewesen, allzu viele Fragen zu stellen - doch meistens hätten seine Expeditionen dem Elfenbein gegolten. ›Aber er hatte doch längst keine Tauschwaren mehr‹, warf ich ein. ›Sogar jetzt sind noch eine stattliche Menge Patronen übrig‹, antwortete er und blickte fort. ›Um die Sache beim rechten Namen zu nennen, er plünderte also das Land aus‹, sagte ich. Er nickte. ›Doch bestimmt nicht allein!‹ Er murmelte etwas von den Dörfern und dem See. ›Kurtz brachte wohl den Stamm dazu, ihm Gefolgschaft zu leisten, wie?‹ riet ich. Er wurde ein wenig unruhig. ›Sie beteten ihn an‹, sagte er. Der Klang dieser Worte war so ungewöhnlich, daß ich ihn forschend ansah. Das Gemisch aus Bereitwilligkeit und Widerstreben, von Kurtz zu sprechen, war recht merkwürdig an ihm. Der Mann füllte sein Leben aus, beschäftigte sein Denken, bewegte sein Gemüt. ›Was wollen Sie?‹ platzte er heraus; ›er kam mit Blitz und Donner zu ihnen, wissen Sie - und sie hatten nie etwas Ähnliches gesehen - und er war sehr fürchterlich. Er konnte sehr fürchterlich sein. Sie dürfen Herrn Kurtz nicht wie einen gewöhnlichen Menschen beurteilen. Nein, nein, nein! Sehen Sie — um Ihnen nur einen Begriff zu geben - ich scheue  mich nicht, Ihnen zu sagen, daß er auch mich eines Tages niederschießen wollte -, aber ich verurteile ihn deshalb nicht.‹ ›Sie niederschießen!‹ rief ich. ›Weshalb nur?‹ ›Nun ja, ich hatte einen kleinen Vorrat an Elfenbein, den mir der Häuptling des Dorfes in der Nähe meines Hauses gegeben hatte. Wissen Sie, ich pflegte für sie zu jagen. Das wollte er also haben und war nicht zur Vernunft zu bringen. Er erklärte, er werde mich erschießen, wenn ich das Elfenbein nicht hergäbe und dann aus dem Land verschwände, weil er sich das erlauben könne und weil er es sich in den Kopf gesetzt habe und weil nichts in der Welt ihn hindern könne zu töten, wen immer er wolle.‹  - Joseph Conrad, Herz der Finsternis. Frankfurt am Main 1968
 
 

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