Bartstreit   JACQUES Sicherlich ist eine neue Sündflut im Anzüge, und diese Paare begeben sich in die Arche. Da kommt ein Paar seltsamer Tiere, die man in allen Sprachen Narren nennt.
PROBSTEIN Gruß und Empfehlung euch allen!
JACQUES Werter Fürst, heißt ihn willkommen; das ist der scheckkht gesinnte Herr, den ich so oft im Walde antraf. Er schwört, er sei ein Hofmann gewesen. PROBSTEIN Wenn irgend jemand das bezweifelt, so laßt ihn mich auf die Probe stellen. Ich habe meine Menuett getanzt, ich habe den Damen geschmeichelt, ich bin politisch gegen meinen Freund gewesen und geschmeidig gegen meinen Feind; ich habe drei Schneider zugrunde gerichtet, Ich habe vier Händel gehabt und hätte bald einen ausgefochten.
JACQUES Und wie wurde der ausgemacht?
PROBSTEIN  Nun, wir kamen zusammen und fanden, der Handel stehe auf dem siebenten Punkt.
JACQUES Wie, siebenten Punkt? - Lobt mir den Burschen, mein gnädiger Herr.
HERZOG Er gefällt mir sehr.
PROBSTEIN Gott behüt Euch, Herr! ich wünsche das nämliche von Euch. Ich dränge mich hier unter die übrigen ländlichen Paare, zu schwören und zu verschwören, je nachdem der Ehestand bindet und Fleisch und Blut bricht. Eine arme Jungfer, Herr, ein übel aussehend Ding, Herr, aber mein eigen; eine demütige Laune von mir, Herr, zu nehmen, was sonst niemand will. Reiche Ehrbarkeit, Herr, wohnt wie ein Geizhals in einem armen Hause, wie eine Perle in einer garstigen Auster.
HERZOG Meiner Treu, er ist sehr behende und spruchreich.
JACQUES Aber der siebente Punkt! Wie fandet Ihr den Handel auf dem siebenten Punkt?
PROBSTEIN Wegen einer siebenmal zurückgeschobenen Lüge. - Halt dich grade, Käthchen! - Nämlich so, Herr: Ich konnte den Schnitt von eines gewissen Hofmanns Bart nicht leiden; er ließ mir melden, wenn ich sagte, sein Bart wäre nicht gut gestutzt, so wäre er andrer Meinung: das nennt man den höflichen Bescheid. Wenn ich ihm wieder sagen ließ, er wäre nicht gut gestutzt, so ließ er mir sagen, er stutzte ihn für seinen eignen Geschmack: das nennt man den feinen Stich. Sagte ich noch einmal, er wäre nicht gut gestutzt, so erklärte er mich unfähig, zu urteilen: das nennt man die grobe Erwiderung. Nochmals, er wäre nicht gut gestutzt, so antwortete er, ich spräche nicht wahr: das nennt man die beherzte Abfertigung. Nochmals, er -wäre nicht gut gestutzt, so sagte er, ich löge: das nennt man den trotzigen Widerspruch, und so bis zur bedingten Lüge und zur offenbaren Lüge.
JACQUES Und wie oft sagtet Ihr, sein Bart wäre nicht gut gestutzt?
PROBSTEIN  Ich wagte nicht, weiterzugehn, als bis zur bedingten Lüge, noch er, mir die offenbare Lüge zuzuschieben und so maßen wir unsre Degen und schieden.
JACQUES Könnt Ihr nun nach der Reihe die Grade nennen?
PROBSTEIN O Herr, wir streiten wie gedruckt nach dem Buch, so wie man Sittenbüchlein hat. Ich will Euch die Grade aufzählen. Der erste der höfliche Bescheid; der zweite der feine Stich; der dritte die grobe Erwiderung; der vierte die beherzte Abfertigung; der fünfte der trotzige Widerspruch; der sechste die Lüge unter Bedingung; der siebente die offenbare Lüge. Aus allen diesen könnt Ihr Euch herausziehen, außer der offenbaren Lüge, und aus der sogar mit einem bloßen Wenn. Ich habe erlebt, daß sieben Richter einen Streit nicht ausgleichen konnten, aber wie die Parteien zusammenkamen, fiel dem einen nur ein Wenn ein; zum Beispiel: Wenn Ihr so sagt, so sage ich so, und sie schüttelten sich die Hände und machten Brüderschaft. Das Wenn ist der wahre Friedensstifter; ungemeine Kraft in dem Wenn. - Shakespeare, Wie es euch gefällt


Bartstreit (2)

Beschwer über den Bart

Was ist bey schönem Mund ein starck gewachsner Bart/
Der Liebe Wespen-Nest/ ein Dornstrauch um die Rosen/
Ein Stoppel süsser Frucht/ ein scharffer Distel-Zaun/
Ein Schrancken/ welchen wir den Hafen sperren schaun/
Ein spitzer Schifer-Felß in stiller Venus-Fahrt?
Wer preist die Käste/ so die Stachel-Schale deckt.
Die Perle/ welche noch in rauher Muschel steckt?
Mit was für Anmutt ist dem Barte liebzukosen?
Antwort

Spotte wer da will den Bart:
Knaben bleiben unvollkommen/
Biß der Bart hat zugenommen:
Kahle Jugend muß sich schämen/
Glattes Mauls ein Weib zu nehmen/
Biß sich Bart und Witz gepaart.

Wenn der Bart den Mund schattirt/
Und die linden Haare stechen/
Muß der Mädgen Hertze brechen:
Kömmt Cupido auffgezogen/
Pfeile/ Schlingen/ Sähn und Bogen
Sind von Bärten die er führt.

Bärte sind der Helden Pracht:
Wer nicht viel ums Maul kan leiden
Läst ihm nicht leicht Ehr abschneiden/
Simsons Stärcke wohnt' in Haaren/
Weil kein Stahl sein Haubt befahren/
Der ihn blind und schwach gemacht

Hertzog Heinrichs Bart und Mutt
Macht ihn weit berühmt in Polen;
Soll man weiter Zeugnis holen/
Friedrich Rothbarts Helden-Siege
Kennt der Welsche zur Genüge/
Zeugt der Saracenen Blutt.

Den geförchten Janitschar
Zieret der beraste Knebel/
Wenn bey dem geschärfften Säbel
Die gekrümmten Haar auffsteigen/
Sich als Ygel-Stacheln zeigen/
Steht sein Gegner in Gefahr.

Haare sind der Weißheit Nest/
Socraten und viel Gesellen
Will ich dir zu Zeugen stellen/
Daß im klugen Grichen-Lande
Langer Bart beym Weisen-Stande
Sey der beste Schmuck gewest.

Sieht man nicht gantz Morgenland
Nur die Hutt der blöden Frauen
Glatt-bemäulter Wacht vertrauen/
Bärte/ Land und Haar regieren/
Weil/ die keine Bärte führen/
Nicht verdienen bessern Stand?

Nichts zeugt die Natur umsonst/
Bärte können manche Flecken/
Manches Mahl und Runtzel decken.
Fehlten Bärte den Balbiren
Würden sie viel Brod verlieren/
Lieber tragt den Bärten Gunst.

- Abschatz, Hans Aßmann von


 

Bart Streit

 

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