hasver    Zu jener Zeit hatten die Juden die Gewohnheit, griechische oder persische Namen anzunehmen. Mich nannte man Ahasver. Unter diesem Namen habe ich mich im Jahre 1603 dem Anton Colterus in Lübeck zu erkennen gegeben, wie man aus den Schriften des Duduläus ersehen kann, und ich bezeichnete mich mit dem gleichen Namen auch 1710 in Cambridge, wie aus den Werken des gelehrten Tenzelius hervorgeht.

„Herr Ahasver", bemerkte hier Velásquez, „Sie werden auch im Theatrum Europaeum genannt."

„Das kann wohl sein", erwiderte der Jude, „ich bin nur allzu bekannt, seitdem die Kabbalisten es darauf abgesehen haben, mich aus dem innersten Afrika herbeizuholen."

Darauf nahm ich das Wort und fragte den, Juden, welchen Reiz denn jene öden Gegenden für ihn hätten.

„Es geht mit darum", antwortete et, „daß ich dort überhaupt keine Menschen sehe. Und wenn ich einmal einem verirrten Wanderer oder einer Kaffernfamüie begegne, so weiß ich das Lager der Löwin, die ihre Jungen nährt. Ich führe sie zu ihrer Beute und sehe mit Vergnügen zu, wie sie die Menschen zerfleischt."

„Herr Ahasver, Sie scheinen einen ziemlich schlechten Charakter zu haben", bemerkte Velásquez.

„Ich habe es Ihnen im voraus gesagt", meinte der Kabbalist. „Er ist der größte Halunke der Welt."

„Wenn du achtzehn Jahrhunderte gelebt hättest", erwiderte der Unstete, „so wärest du nicht besser als ich."  - (sar)

Ahasver ⁽²⁾  Was es war, das ihn vom Tag seiner Geburt bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr geformt hatte, war der Welt unbekannt geblieben, denn der Schritt des wandernden Juden liegt in jedem Sohn. Wann und wo man Ihn auch treffen mag: man fühlt, daß er irgendwoher kommt - wo auch immer dieses >irgendwo< sei -, aus irgendeinem Land, in dem er nicht gelebt, sondern das er verschlungen hat, aus irgendeiner geheimen Gegend, die ihn ernährt hat, die er aber nicht erben kann; denn der Jude erscheint, wo er erscheint, von nirgendwo. Wurde der Name Felix erwähnt, so fanden sich sogleich drei oder mehr Personen, die darauf schworen, ihn die Woche zuvor in drei verschiedenen Ländern gleichzeitig gesehen zu haben. - Djuna Barnes, Nachtgewächs. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1936)