Absteige   Eine abschüssige Strasse.

Altes Kopfsteinpflaster, das ehemals von Sklaven zusammengeklopft wurde.

Eine Strasse wie hundert andre in der Stadt, wie tausend andre in Brasilien.

Die Strasse ist sumpfig durch die Rinnsale von Exkrementen, Waschwasser, Küchenwasser.

Die bisexuelle Absteige ist noch immer in demselben Haus. Das Gebäude daneben trägt die Kreideinschrift »Familia«; die Bewohner wollen nicht mit den Nutten und Strichjungen verwechselt werden.

Aus dem Haus kommt ein etwa zehnjähriger Junge und legt eine Ratte auf das Pflaster. Die Absteige hat kein elektrisches Licht.

Gibt es nicht bei Goethe eine Bemerkung über das Glänzen der Haut im Kerzenlicht?

Hier war Goethe nicht. Doch wo Goethe nicht hinkam, war Italiaander.

Es gibt in der Absteige kein fliessendes Wasser - die beste Syphilisprophylaxe ist klares Wasser -, die Möglichkeit sich gründlich zu waschen. Das Wasser in diesem Viertel wird auf den Köpfen der Frauen und Kinder herantransportiert.

Die Häufigkeit von Geschlechtskrankheiten in der Stadt ist also weder auf Laszivität, noch auf Unsauberkeit oder Faulheit zurückzuführen, sondern auf Mangel an Klempnern. Auch 'soll nicht Bahia an der Spitze der Statistik über Geschlechtskrankheiten stehen - dort steht die Freie und Hansestadt Hamburg.

Die Kojen in den ehemaligen Kaufmannspalästen sind durch Wolldecken oder durch Pappstücke mit Gucklöchern abgetrennt. Ein Schüsselchen mit Wasser steht neben einer Rolle Klosettpapier und zwei Heiligenfiguren und Plastikblumen und Parfümfläschchen. Die Stundenmiete beträgt drei Cruzeiros - zwei Mark. Die Mädchen oder Jungen bekommen das Doppelte.   - (xan)

Herberge

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

Synonyme