GABI TEICHERT:
Hallo, fehlt Ihnen was?
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Stören
Sie mich nicht bei der Arbeit.
GABI TEICHERT:
Ich bin jetzt hier unten.
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Wie bitte?
Restaurant. Die Kamera sieht von außen hinein. Gabi Teichert richtet ihr Gesicht. Der Staatsschützer M./Spanner, ihr gegenüber, sieht angespannt zu.
GABI TEICHERT:
Als Spanner müssen Sie entspannen. Wenn Sie als Spanner
entspannt sind können Sie tief blicken, z. B. diese Partie hier (sie zeigt auf
seiner Stirn, wo er sich entspannen soll).
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Das
ist Mangel an Schlaf.
GABI TEICHERT:
Nein!
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Ich
arbeite zuviel.
GABI TEICHERT:
Gestatten Sie mir einen fachlichen Hinweis?
STAATSSCHÜTZER
M./SPANNER;
Bitte.
GABI TEICHERT:
Wenn ich Ihren Beruf, Tag- und Nachtarbeit
zusammengenommen, richtig verstanden habe, betreiben Sie Gegenwartsforschung.
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Ich würde es Wirklichkeitsforschung nennen
. ..
GABI TEICHERT:
Ich bin Geschichtsforscher. Unsere Berufe sind verwandt.
Für Gegenwartsforschung müssen Sie entspannt sein.
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Können
vor Lachen. Ich bin immer aufgeregt.
GABI TEICHERT:
Sie machen einen
Fehler, Sie binden Ihre Augen an. Tagsüber, wenn Sie Leute ausschnüffeln und
nachts, wenn Sie sich auf Ihre perversen Sachen beschränken. Das stört die Gesamtschau.
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER:
Wenn ich mich nun aber nicht entspannen kann?
Stecken Sie mal den Kopf zum Fenster raus, wenn Sie keinen haben.
GABI TEICHERT:
Machen
Sie mal so (sie zwinkert mit den Augen als wären diese Verschlußklappen von
Kamerablenden)... als ob Sie kleine Aufnahmen machen würden mit der Kamera.
(Sie zieht von einer Stelle zwischen den Augen die Energie aus ihrer Stirn in
die Mitte des Raumes.) Dann geht die Energie raus.
STAATSSCHÜTZER M./SPANNER
(versucht das Blinkern nachzuahmen) :
Bei mir nicht.
GABI TEICHERT:
Das
müssen Sie üben! - Alexander Kluge, Die Patriotin. Texte/Bilder 1-6. Frankfurt
am Main 1979
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