Schwankungen, ökonomische  MUFFL: Mein großartiges Materialgeschäft konnte, in dieser materiellen Zeit, durch einen allein nicht heruntergebracht werd'n; ich hab' mir einen Kompagnon genommen, und das Tschaligehn war dadurch ermöglicht. Nach Kridagebrauch hab' ich mir wohl einen Notpfennig von zehntausend Gulden gerettet, aber es hat mich doch so angegriffen, daß icli eine Bad-Kur hab' gebrauchen müssen; natürlich keins von die ersten, renommierten Bäder, denn das wär' aufg'fall'n bei einem eben erst Vergleichsverfahrenwordenen, sondern ich bin in ein kleines Bad, in ein unentdecktes, das heißt, sie haben erst ein'n Doktor entdeckt, der ihnen durch chemische Analyse hat entdecken müssen, daß der Kubikmeter von ihrem G'schwabetz dritthalb Gran Jod-Kali, ein neunundneunzigstel Hektoliter kohlensaures Natron, und 4 3/8 Milligramm Schwefel-Sublimat enthalt't, folglich allen übrigen Bädern vorzuziehen ist, bei welchen durch mineralischen Hydro-Pepsin das Kalzinierungs-Ferment mehr oder minder neutralisiert, und dadurch offenbar die Heilkraft um 7 3/16 Prozent, bei Unterleibskrankheiten sogar um 9 11/18 Prozent vermindert wird. - Wer daran zweifelt, dem bleibt es unbenommen seine eignen Untersuchungen zu machen. -Da bin ich hin, und war wirklich überrascht; es war zwar alles schlecht, aber teuer, wie in die berühmtesten Badeorte. Auch für Unterhaltung war gesorgt; 's Theater war klein, die Künstler gar nicht, das heißt, es waren keine eigentlichen Künstler, nur so Spieler, daß der Abend auf dramatisch hin wird, und daß man etwas deprimiert, und mit geringeren Anforderungen ins Gasthaus kommt - da stoßt auf einmal eine verspätete Sternin erster Größe zur Trupp, als glanzpunktischer Umundauf der ambulanten Entreprise. Gleich nach ihrer ersten Vorstellung hab' ich mir kühn den Weg zu ihr gebahnt; es war nicht leicht, schon wegen ihren Künstlerstolz;, sie hat sich noch viel mehr eingebildet, als wirklich dran war; - wie s' schon sind bei die kleinen Theater; bei die großen 1s das anders.

- Ihre zweite Rolle war die Pompadour; „Narziß" wird überall gegeben, also haben schon viele gepompadourt, aber so was! - nein! - Mit einem Wort, ich bin ihr den andern Tag mit dem Ausruf: „Pompadour!" zu Füßen gestürzt. Sie hat mir früher schon Avancen gemacht, denn kokett war sie - wie s' schon sind bei die kleinen Theater; bei die großen is das anders. - Wir waren Verliebte, nach mehreren Tagen Verlobte - aber ohne Erfolg; denn es sind bald drauf sehr reiche Ausländer ins Bad kommen, ich glaub' Russen und Engländer, jeder ein gelernter Krösus, und da is sie mir - wie s' schon sind bei die kleinen Theater; bei die großen is das anders - da is sie mir untreu geword'n. Ich bin dann mit meinen Vermögensresten ein Weinreisender geword'n - das heißt, ich bin unstet herumgereist, und hab' in der Desperation nix als Wein trunken. Schuldenarrest, Unterstandslosigkeit, gänzliches Verkommen waren die reizende Stufenleiter nach abwärts - oh, es is ein bitteres Gefühl, wenn man oft so hungrig is, daß man vor Durst nicht weiß, wo man die Nacht schlafen soll! Ich hab' das durchgemacht; da is mir die Idee gekommen, Hausknecht zu werd'n; es is durchaus keine schöne Idee, die Wirklichkeit is aber noch viel wilder. So war ich Sklav, nacheinand bei zwei Herrn - das hier is der dritte Versuch, den ich als lichter Neger mach'.    - Johann Nestroy, Frühere Verhältnisse. In: J. N., Werke, Hg. O. M. Fontana. Darmstadt 1968 (zuerst ca 1845)

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