asenhaar   Er tat nichts, er dachte an nichts Bestimmtes, sondern ließ sich die paar uninteressanten Tagesereignisse noch einmal durch den Kopf gehen, an die er sich erinnerte. Satzbruchstiicke, bedeutungslose Gebärden, Gesichter, die er in der Metro wahrgenommen hatte. Dann stand er auf und ging zwischen den beiden Zimmern hin und her, bis er auf den Gedanken kam, vor dem kleinformatigen Spiegel stehenzubleiben, den er über dem Spülstein an die Wand gehängt hatte. Einen Augenblick betrachtete er sich gleichmütig, neigte den Kopf nach links, nach rechts, nach hinten, um die riesigen Nasenlöcher zu erblicken, dann strich er sich sehr langsam mit der Hand über das Gesicht. Mit jedem Finger spürte er ein kleines Haar auf der oberen Nasenspitze. Er näherte seine Nase dem Spiegel, damit er es sehen konnte. Ein kleines braunes Haar, das aus einer Pore aufwuchs. Er ging zum Bett zurück, um eine Schachtel Streichhölzer aus der Manteltasche zu holen. Sorgfältig suchte er zwei heraus, deren unterer, nicht in Schwefel getauchter Teil besonders sauber war. Er trat wieder vor den Spiegel, und mit Hilfe der beiden Streichhölzer, die als Zange dienten, versuchte er das Haar auszureißen. Die Streichhölzer glitten ab, oder er hatte das Haar nicht richtig gefaßt, so daß es im letzten Moment entwischte. Mit viel Geduld erreichte er jedoch sein Ziel. Das Haar war länger, als er geglaubt hatte. - Roland Topor, Der Mieter. Zürich 1976 (detebe 20358, zuerst 1964)

Nasenhaar (2)

 - Thomas Körner

Nasenhaar (3) Wie sie Fridsch kannte, hatte er diese Brille auf dem Flohmarkt gekauft, aber wenn er sie jetzt trug, dann musste man womöglich damit rechnen, dass Spiegelbrillen wieder in Mode kamen.

Er sprang auf, um sie zu begrüßen. Weil sie seine Augen nicht sah, sah sie zum ersten Mal überdeutlich, dass er Haare in der Nase hatte. Sie standen aus den Nasenlöchern hervor wie Spinnenbeinchen. Zugleich sah sie ihren eigenen Blick in seinen Gläsern. Sie hasste Haare in der Nase. Sie rasierte ihre Achseln, ihre Beine, trimmte ihr Schamhaar, und der Mann war nicht einmal imstande, diese blöden Härchen aus den Nasenlöchern wegzuknipsen.  - Robert Menasse, Die Hauptstadt. Berlin 2017

 

Nase Haar

 

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