eerkater  Am nächsten Tag kam der Alte-Graue-Knabe mit seiner Jagdtasche zu uns zurück. Wir begrüßten ihn zärtlich und ließen uns dann zusammen nieder, um Kartoffeln zu essen. Als alle im Haus, Menschen wie Paarhufer, sich mit Kartoffeln gefüllt hatten, nahm ich den Alten-Knaben beiseite und flüsterte ihm ins Ohr. Ich gab an, meine Gesundheit sei nach den Vorfällen der letzten Nacht nicht die beste.

- Hast du gesoffen, oh, junger, kleiner Sohn, sagte er, oder gestohlen?

- Auf Ehre nein, Sir! antwortete ich, sondern ein großes Ding auf Beinen hat mich gejagt. Ich kenne kein einziges gaelisches Wort dafür, aber es war mir nicht wohl gestimmt, da gibt es keinen Zweifel. Ich weiß nicht, wie es mir gelang, ihm zu entkommen, aber heute bin ich hier, und das ist ein großer Sieg für mich. Es wäre eine Schande gewesen, wenn ich für dieses Leben verloren gegangen wäre, noch dazu in der Blüte meines Lebens, denn meinesgleichen wird es nie wieder geben.

- Warst du zu der Zeit in Donegal, mein Seelchen? sagte er.

- Allerdings.

Eine grübelnde Wolke verdichtete sich über dem Gesicht des Alten-Grauen-Knaben.

- Könntest du für mich, sagte er, Umriß und Aussehen des wilden Dinges zu Papier bringen? Die Erinnerung an die vorige Nacht war so fest in meine Seele geätzt, daß ich ohne viel Verzug ein Bild des Geschöpfs anfertigte, nachdem ich mich mit Papier versorgt hatte. Es sah so aus:

Meerkater

Der Alte-Knabe betrachtete das Bild* gründlich, und ein Schatten kroch über sein Antlitz.

 - Wenn die Sache so ist, Sohn, sagte er angstvoll, dann ist es wirklich eine gute Nachricht, daß du heute lebst und gesund unter uns weilst. Was du letzte Nacht getroffen hast, war der Meerkater!

Der Meerkater!

Das Blut floß aus meinem Gesicht, als ich hörte, wie der böse Name vom Alten-Knaben erwähnt wurde.

- Es scheint, sagte er, daß er gerade aus der See gekommen ist, um in den Rosses irgendein Unheil anzurichten, denn in der Vergangenheit wurde er oft in jener Gegend gesehen, wie er die Habenichtse angriff und Tod und Unglück großzügig unter ihnen verteilte. Sein Name ist dort immer in aller Munde.

- Der Meerkater . . .? sagte ich. Meine Füße waren nicht gerade unerschütterlich unter mir, als ich dort stand.

- Der nämliche Kater.

- Ist es denn der Fall, sagte ich schwächlich, daß vorher noch niemand den Meerkater gesehen hat?

- Mir ist, als sei er schon gesichtet worden, sagte er langsam, doch hat niemand davon berichtet. Niemand hat es überlebt! - Flann O'Brien, Irischer Lebenslauf. Eine arge Geschichte vom harten Leben. Herausgegeben von Myles na Gopaleen. Aus dem Irischen ins Englische übertragen von Patrick C. Power. Aus dem Englischen ins Deutsche übertragen von Harry Rowohlt. Frankfurt am Main 2003 (st 3503, zuerst 1941)

* Der gute Leser wird freundlichst die große Ähnlichkeit des Meerkaters, wie O'Coonassa ihn dargestellt hat, mit dem angenehmen kleinen Land, welches das unsere ist, bemerken. Vieles im Leben ist uns unverständlich, aber es ist nicht ohne Bedeutung, daß der Meerkater und Irland den gleichen Umriß aufweisen und daß beiden das gleiche böse Geschick, die gleichen schweren Zeiten und das gleiche Unglück anhaftet, das auch über uns hereingebrochen ist.

Kater

 

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