Mariä Lichtmeß   Vor der Maternschen Mühle stiegen aus ihren Kutschen die kopfkosen Nonnen und Ritter: Gerade ist zweiter Februar oder Mariä Lichtmeß, die wollen sie feiern. Helfen einander aus Kutschen, das Hügelchen hinauf, in die Bockwindmühle hinein. Ist aber gleich darauf - nur Amsel hört es - Mahlboden und Sackboden voller Gesumms, Gleischbern, Kurzgeschrei, Brockenfluchen und Rückwärtsbeten. Gezirpt wird und auf Eisen gepfiffen, während der Schnee von der Düne her womöglich vom Himmel fällt. Amsel glüht und reibt den Lackspangenschuh in tiefer Tasche, aber sein Freund bleibt abseits und döst nach innen. Halbzeit, denn drinnen wälzen sie sich im Mehl, reiten den Hausbaum, klemmen die Fingerchen zwischen Sattel und Bremse, drehen, weil's Lichtmeß ist, die Mühle in den Wind: langsam geht sie, noch launisch; da stimmen zwölf Köpfe die süße Sequenz an: Christi Mutter stand in Schmerzen - Oh Perkoll, wie kalt sind Sieben von uns Zwölfen kalt geblieben - juxta crucem lacrimosa - Oh Perkun, wir brennen Zwölfe, werd ich Asche, bleiben Elfe - Dum pendebat filius -Oh Potrimp, beim Mehlzerstäuben wolln wir Christi Blut bereuen... Da endlich, während der Mahlkasten Kopf und Helm des achten, des schwarzen Ritters mit dem dick freundlichen Kopf der zehnten Nonne rüttelt, geht die Maternsche Bockwindmühle schneller und schneller, obgleich jeder Wind ausbleibt. Schon wirft der jüngste, der Ritter vom Niederrhein, seinen singenden Kopf mit weitoffnem Visier der achten Nonne zu. Die stellt sich unwissend, will nicht erkennen, heißt Ursula und nicht Tulla, hat an sich selbst genug und reitet jenen Stöpsel, mit dem der Mahlbalken festgestellt ist. Nun schlottert er: Die Mühle geht langsam, die Mühle geht schneller; sauer grölen die Köpfe ihm Mahlkasten; trockenes Japsen auf hölzernem Stöpsel; Krähen im Mehl; die1 Dachrahme ächzt und die Sperriegel wandern; Rümpfe treppauf und treppab; vom Sackboden zum Mahlboden wird Wandlung betrieben: schon verjüngt sich die alte Maternsche Bockwindmühle unter Jibbern und heller Anbetung, wird - nur Amsel mit seinem Lackspangenschuh sieht es - zum Ritter mit dem Stert auf dem Bock, der um sich schlägt und den Schneefall trifft; wird - nur Amsel begreift mit dem Schuh -zur Nonne, die in weitem Ordenskleid, gebläht von Bohnen und Ekstase, die Ärmel kreisen läßt: Windmühlenritter Windmühlennonne: Armut Armut Armut. Aber gegorene Stutenmilch wird gesoffen. Saft aus Kornrade gebrannt. Schneidezähne benagen Fuchsknöchlein, während die Rümpfe immer noch darben: Armut Süßholz. Dann doch Rüberziehen, Unterschieben, Köpfe beiseite; und aus großem Aufskreuzlegen steigt reinstimmig Askese, Wegnahme, wasserhell das Hohelied gottwohlgefälliger Geißel: Windmühlenritter schwingt Windmühlengeißel; Windmühlengeißel trifft Windmühlennonne - Amen - oder noch kein Amen; denn während lautlos und ohne Leidenschaft Schnee vom Himmel fällt, Amsel mit verengten Augen auf dem Zaun hockt, den rechten Lackspangenschuh der Hedwig Lau in linker Joppentasche spürt und schon seinen kleinen Plan macht, ist jenes Flämmchen erwacht, das in jeder Windmühle schläft.

Und sie verließen, nachdem die Köpfe wahllos zu Rümpfen gefunden hatten, die zäher, bald kaum gehende Mühle. Die aber begann, während sie in vier Kutschen stiegen und gegen die Dünen davonglitten, von innen nach außen zu brennen. Da rutschte Amsel vom Zaun und riß seinen Freund mit. «Is päsert, is päsertl» riefen sie zum Dorf hin: war aber nichts mehr zu retten. - (hundej)

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