Auch diese "Kopflosen" zählen zu den Ungeheuern, die die menschl.
Phantasie bewegen.
- (hoe)
Kopflose (2)
Kopflose (3)
Sein Kamerad weigerte sich, ihn zu töten, also ließ sich ein Junge
von 19 Jahren aus Liffol (Haute-Marne) von einem Zug enthaupten. - (fen)
Kopflose (4)
Wähnt
jemand, sein Kopf sei vom Rumpf getrennt worden, steht ihm Schlimmes bevor.
- (
byz
)
Kopflose (5) Ich halluziniere entweder oder ich träume. Aber ich war wach. Die Herde dort unten blökte, und der eine der beiden Hunde bellte. Der Mann in hohen Schaftstiefeln und dunkelblauem langschößigem Rock ging kaum zehn Schritte entfernt vor mir her, so daß ich das Knirschen seiner Tritte im Kies vernahm und das Wasser glucksen hörte, wenn er in eine Pfütze trat.
Er stützte sich mit der Rechten an den langen Schäferstab und ließ im Gehen die Linke baumeln, alles ganz echt, ganz natürlich, aber der Mann hatte und hatte nun einmal keinen Kopf! Ich muß dir wohl nicht erst sagen, wie das mich durchzuckte - Bühlfranzens Ohnkopf! und wie meine Hirnnerven daraufhin zu kribbeln und zu tanzen anfingen, und mein Herz sich wie ein vergiftetes Tier in seiner Höhle herumwälzte. Freund, du siehst, ich bin jetzt ganz ruhig, denn alles, was nun noch kommen mag, kein Tod kann so grausam sein, wie die endlosen, endlosen Minuten, die ich hinter dieser abscheulichen Gestalt herschlich, zwischen deren Schultern nichts stand als der fahlgraue Regenhimmel. Ja, ich schlich, schlich wirklich auf den Zehenspitzen in namenloser Angst, das Phantom könnte mich kommen hören und sich nach mir umwenden. Und dann loderte auf einmal etwas Heißes und Wildes in mir empor und flüsterte in mir: Das ist von Buhlfranz gesandt, das ist Bühlfranz selbst! Auf ihn, schlage ihn zu Boden, vernichte, zertrample den Unhold, durchbrich den Bann, töte, töte! -
Nun, das wäre das Ende, wäre der Wahnsinn gewesen. Tat's nicht, hielt an
mich, ging - ich war kein Mensch mehr in diesen Augenblicken, - ging wie eine
Steinsäule, ging wirklich an dem Phantom vorbei und sah nun, daß es nichts weiter
war, als ein unseliger Krüppel, ein verwachsener Greis,
dem der Kopf an einem unmäßig langen, schlaff vornüberhängenden Hals wie an
einem Hautlappen vor der Brust baumelte. Der arme Teufel wünschte mir sogar
einen guten Abend, als ich vorbeikam. Einen Augenblick fühlte ich den Trieb,
ihm alles zu geben, was ich an Geld und Wertsachen bei mir hatte, aber ich weiß
nicht, mir schien der Blick des Krüppels, als er mich grüßte, glühend, schadenfroh,
giftig. - Hermann Eßwein, Tom Neerwindt, aus: In Laurins Blick. Das Buch deutscher Phantasten.
Hg. Kalju Kirde. Frankfurt am Main u.a. 1985 (zuerst 1982)
Kopflose (6) Es kamen viele,
um die seltsamen Dinge zu sehen, und die junge Frau empfing sie freundlich,
und sie begleitete Herrn Chao immer, wenn er irgendwo zum Essen ging. Eines
Tages befand sich ein junger Student in ihrer Gesellschaft, bei dem sie sofort
zu spüren schien, daß es ihm an Ehrgefühl mangelte. Sie versetzte ihm einen
Schlag an den Kopf, so daß dieser aus dem Fenster flog, während der Körper noch
im Zimmer war; und da steckte er nun fest, unfähig, sich in die eine oder die
andere Richtung zu bewegen. - P'u Sung-Ling, Gast Tiger. Stuttgart 1983.
Die Bibliothek von Babel Bd. 21, Hg. Jorge Luis Borges
Kopflose (7) Der schönste Tag meines Lebens - mein Wiedergeburtstag, wenn ich so sagen darf - war, als ich herausfand, daß ich keinen Kopf hatte. Das ist kein literarischer Schachzug, keine Geistreichelei, um - koste es, was es wolle - Interesse zu erregen. Ich meine es allen Ernstes: Ich habe keinen Kopf.
Es war vor achtzehn Jahren, im Alter von dreiunddreißig, daß ich die Entdeckung machte. Wenngleich ohne Frage aus blauem Himmel, kam sie doch aber in Antwort auf dringliche Nachforschungen; mehrere Monate lang war ich gefangengenommen von der Frage: Was bin ich? Der Umstand, daß ich zufällig im Himalaya wanderte, hatte wahrscheinlich wenig mit der Entdeckung zu tun; wenn man auch sagt, daß in diesem Landstrich ungewöhnliche Geisteszustände leichter auftreten. Wie dem auch sei, ein sehr stiller, klarer Tag und ein Ausblick von dem Höhenrücken, auf dem ich stand, über dunstige blaue Täler hin auf die höchste Bergkette der Welt, unter deren Schneegipfeln der Kangchenjunga und der Everest gar nicht auffielen, schufen einen Hintergrund, würdig der grandiosesten Vision.
Was faktisch geschah, war etwas absurd Einfaches und Unscheinbares: Ich hörte auf zu denken. Eine merkwürdige Ruhe, eine seltsame Art von wacher Kraftlosigkeit und Starre kam über mich. Verstand, Einbildung und alles geistige Geschwätz verstummten. Ausnahmsweise verschlug es mir einmal wirklich die Sprache. Vergangenheit und Zukunft fielen von mir ab. Ich vergaß, wer und was ich war, meinen Namen, mein Menschsein, mein animalisches Sein, alles, was mein genannt werden konnte. Es war, als wäre ich in diesem Augenblick neu geboren, brandneu, besinnungslos, frei von allen Erinnerungen. Es gab nur das Jetzt, diesen gegenwärtigen Augenblick und das in ihm klar ersichtlich Gegebene. Man brauchte nur hinzuschauen, nichts sonst. Und was ich sah, waren Hosenbeine aus Khaki, die nach unten in einem Paar brauner Schuhe endeten, Ärmel aus Khaki, die seitwärts in einem Paar rosiger Hände endeten, und eine Hemdbrust aus Khaki, die nach oben auslief, in - absolut nichts, aber auch gar nichts! Bestimmt nicht in einen Kopf.
Es fiel mir sofort auf, daß dieses Nichts, dieses Loch anstelle des Kopfs,
der dort hätte sein sollen, kein normaler leerer Raum, kein reines Nichts war.
Im Gegenteil, dieser Raum war außerordentlich stark besetzt. Er war eine umfassend
ausgefüllte, umfassende Leere, ein Nichts, in dem alles Platz fand - in dem Raum war für
Gras, Bäume, schattenhaft ferne Hügel und hoch darüber Schneegipfel, die wie
eine Reihe eckiger Wolken am Himmel schwebten. Ich hatte einen Kopf verloren
und eine Welt gewonnen. - D.E. Harding, nach: Einsicht
ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele. Hg. Douglas
R. Hofstadter und Daniel C. Dennett. München 1992
Kopflose (8) Träumt man, geköpft zu sein - in Folge eines richterlichen Urteils, durch Räuberhand, im Gladiatorenkampf oder sonstwie: das macht keinen Unterschied - so droht dem, der Eltern, und dem, welcher Kinder hat, Unglück. Der Kopf gleicht den Eltern, weil er die Ursache des Lebens ist; den Kindern wegen der Ähnlichkeit des Gesichtsausdrucks. Einige verloren nach diesem Traumerlebnis ihre Gattin, einen Freund und einen guten Hausverwalter, und es fehlte ihnen von da ab eine zuverlässige Person, die auf ihr Hab und Gut ein wachsames Auge gehabt hätte. Ein Hausbesitzer kam um sein Haus; denn der Kopf ist sozusagen das Haus der Sinne. Besitzt aber einer alles dies zusammen, so erfüllt sich das Traumgesicht selbstverständlich nicht in jeder der erwähnten Beziehungen, sondern nach meiner Erfahrung nur im Hinblick auf die Person, welche der Träumende am meisten schätzt, die er liebt und die ihm besonders nahe steht.
Von guter Vorbedeutung ist dieses Traumerlebnis für den, der in einen Prozeß
verwickelt ist, bei dem es um Kopf und Kragen geht; denn alle Geschehnisse,
die sich nur einmal ereignen, unmöglich aber ein zweites Mal, werden, wenn sie
sich im Traum abgespielt haben, sich nicht mehr verwirklichen. Sie haben sich
ja bereits im Traumgesicht ereignet. - (
art
)
Kopflos (9)
Kopflose (10) Ich
legte nach und nach aus Schutt und Trümmern meine Lisa frei, und
als ich zur Mitte ihres Körpers vorstieß, sah ich, daß sie mit ihrem Leib, zu
einem Knäuel zusammengerollt, das Vulkanfiberköfferchen beschützt hatte, das
ich zunächst sorgfältig versteckte, ehe ich meine Frau, die keinen Kopf mehr
hatte, ganz ausscharrte. Der Luftdruck hatte ihr den Kopf abgerissen, zwei Tage
lang suchten wir noch nach ihm, während mein Söhnchen immer nur mit dem Hammer
schlug und die Nägel in den Fußboden und in meinen Schädel trieb. So nahm ich
am vierten Tag das Köfferchen und ging davon, ohne mich zu verabschieden, und
hinter mir wurden die Schläge des Hammers immer schwächer, diese Schläge, die
ich dann fast mein ganzes Leben lang hörte, denn am selben Abend sollte ein
Verein für schwachsinnige Kinder mein Söhnchen Siegfried abholen kommen, während
wir Lisa in einem Massengrab beisetzten, zum Schein mit Kopf, doch ich hatte
nur einen geknoteten Schal auf den Rumpf gesetzt, damit die Leute nicht wer
weiß was dachten... obwohl ich wegen des Kopfes den ganzen Hof umgebuddelt hatte.
Reicht Ihnen das? Damit schließe ich also für heute. -
Bohumil Hrabal, Ich habe den englischen König bedient. Frankfurt am Main 1990
Kopflose (11) Der
Hsing-t'ien ist ein kopfloses Wesen. Es wurde geköpft,
weil es gegen die Götter gekämpft hatte, und muß nun für immer und ewig ohne
Kopf leben. Es hat die Augen auf der Brust, und sein Nabel
dient ihm als Mund. Es hüpft und springt über das offene Feld und schwingt dabei
seinen Schild und seine Axt. -
(bo)
Kopflose (12) Am Montag, dem 10. September 1945, enthauptete der Farmer Lloyd Olsen aus Fruita, Colorado einen fünfeinhalb Monate alten Hahn, da er am Wochenende seine Schwiegermutter zum Essen erwartete. Da die Axt, die er verwendete, zu klein war, verfehlte er die Halsschlagader. Ein Ohr und der Großteil des Stammhirns blieben ebenfalls intakt, weshalb Mike (so der Name des Hahns) nicht starb. Die erste Nacht nach der Enthauptung verbrachte der Hahn mit dem Hals unter dem Flügel,
Olsen beschloss daraufhin, Mike zu verschonen. Da das Stammhirn, welches die lebenswichtigen Funktionen des Organismus steuert, noch vollständig war, konnte der Hahn noch unsicher laufen und sich auf einer Stange halten. Er versuchte ebenfalls sich zu putzen und zu krähen, obwohl kein Ton aus ihm herausdrang. Olsen fütterte ihn mit einer Mischung aus Milch und Wasser, die er mit einer Pipette direkt in die Speiseröhre tropfte. Wenn der Hahn an seinem eigenen Schleim zu ersticken drohte, wurde der Hals von den Olsens mit einer kleinen Spritze gereinigt. In den eineinhalb Jahren, in denen er ohne Kopf lebte, nahm er etwa drei Kilo zu. Zuletzt wog der Hahn beinahe vier Kilogramm.
Im März 1947 begann Mike mitten in der Nacht in einem Motel in Phoenix plötzlich
zu würgen. Die Olsens hatten auf der Heimreise nach einer Tour vergessen, den
Schleim aus Mikes Hals zu entfernen, so dass der Hahn erstickte.
-
Quelle
Kopflose (13)
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Ulisse
Aldrovandi, Monstrorum historia
(1642)
Kopflose (14)
Dekapitierte Männchen
der Mantis sind sexuell ausdauernder als ihre intakten Geschlechtsgenossen.
Roeder entdeckte sogar die neurologische Grundlage für diese einzigartige
Tatsache. Am Insektenverhalten ist vieles «starr verdrahtet» und daher der Flexibilität
unserer eigenen Aktionen nicht vergleichbar. (Das ist einer der wichtigsten
Gründe dafür, daß sich soziobiologische Modelle von Ameisen so schlecht auf
Menschen übertragen lassen.) Kopulationsbewegungen werden von Nerven im letzten
Abdominalganglion (nahe dem hinteren Körperende) gesteuert. Da es einem normalen
Funktionsablauf widerspräche (und wohl auch ungehörig wäre), wenn die Männchen
diese Bewegungen unaufhörlich ausführten, werden sie durch Hemmzentren unterdrückt,
die im Suboesophagealganglion (also in der Nähe des Kopfes) lokalisiert sind.
Wenn nun ein Weibchen den Kopf ihres Gatten frißt, nimmt sie gerade dieses Suboesophagealganglion
auf, und die Kopulationsbewegungen können nicht mehr gehemmt werden. Der restliche
Körper des Männchens arbeitet dann wie eine Begattungsmaschine. Es versucht,
alles sexuell zu erobern oder zu erklettern - selbst Bleistifte, also Dinge,
die nur vage in Größe und Gestalt einem Weibchen ähnlich sind. Oft aber findet
das Männchen ein Weibchen und macht mit Erfolg aus seinem nahenden Tod das darwinistische
Gegenstück zu dem, was Sokrates als den «Zustand
des Nichtseins» bezeichnet haben würde. - Stephen Jay Gould, Das Lächeln des Flamingos. Basel, Boston, Berlin 1989
Kopflose (15)
Eine Instanz, die sie zentral zu steuern vermöchte, ist in den »avancierten«
Ländern überhaupt nicht mehr zu erkennen; ja man könnte sogar behaupten, daß
es sich hier um azephale Gesellschaften handelt — es wäre dies die ironische
Auferstehung eines Zustandes, den die Ethnologen
bei prähistorischen Völkern entdeckt haben wollen. - Hans Magnus Enzensberger, Der Fliegende Robert. Frankfurt
am Main 1989
Kopflose (16)
Kopflose (17) Man
glaubt, daß die blemmyae in Libyen als kopflose Torsi auf die Welt kommen
und Mund und Augen an der Brust haben; und daß es andere gibt, die ohne Nacken
geboren werden und ihre Augen an den Schultern haben. - Isidor
von Sevilla, nach
(eco)
Kopflose (18)
Kopflose (19)
- Fortunio Liceti, De Monstris
Kopflose (20)
Kopflose (21) Kopflos,
adj. - Im überraschenden Zustand jenes Kreuzfahrers, der geistesabwesend
an seiner Schläflocke zupfte, nachdem einige Stunden
zuvor ein sarazenischer Szimitar ihm unbemerkt durch
den Nacken gefahren war, wie von de Joinville berichtet. -
(bi)
Kopflose (22)
Kopflose (23)
Kopflose (24) Die Mühle hatte noch keinen
Feierabend. Lautlos trieb Schnee, mal grau mal weiß mal schwarz, von der
Grünen Düne herüber. Die Chausseepappeln schwebten. In Lührmanns Krug
brannte dottergelb Licht. Keine Kleinbahn läutete in der Kurve. Der Wind
wurde bissig. Gesträuch winselte. Amsel glühte. Sein Freund döste.
Amsel sah was. Sein Freund sah nichts. Amsels Fingerchen rieben sich in
den Fäustlingen, schlüpften aus, suchten und fanden in linker
Joppentasche den rechten Lackspangenschuh: Strom in der Leitung! Kein
Schneeflock hielt sich auf Amsels Haut. Sein Mund spitzte sich, und in
verkniffene Äugelchen fand mehr hinein, als sich auf einmal sagen läßt:
Hintereinander fahren sie vor. Kutscherlos. Und die Mühle starr. Vier
Schlitten, zwei weißbespannt - das hebt sich auf - zwei schwarzbespannt -
das hebt sich ab -und steigen aus und sind einander behilflich: zwölf
und zwölf, kopflos alle. Und ein kopfloser Ritter führt eine kopflose
Nonne in die Mühle. Insgesamt führen zwölf kopflose Ritter zwölf Nonnen
ohne Kopf - aber Ritter wie Nonnen tragen ihre Häupter unter dem Arm
oder vor sich her - hinein in die Mühle. Zeigen sich aber kompliziert
auf dem Trampelpfad; denn trotz der Gleichheit von Schleier und
Schleier, Rüstung und Rüstung verblieben ihnen Händel von früher her, da
sie das Lager in Ragnit auflösten, zwischen den Zähnen: Die erste Nonne
spricht mit dem vierten Ritter nicht. Aber beide plaudern gern mit dem
Ritter Fitz-water, der das Litauische kennt wie die Löcher in seinem
Kettenhemd. Im Mai hätte die neunte Nonne niederkommen sollen, kam aber
nicht, weil der achte Ritter - heißt Engelhard Rabe - ihr und der
sechsten Nonne, die Sommer für Sommer zu viele Kirschen gegessen hatte,
mit dem Schwert des dicken, des zehnten Ritters, der auf dem Balken
hockte und hinter geschlossenem Visier einem Hühnchen das Fleisch von
den Knochen zerrte, die Köpfe, den neunten, den sechsten Schleier
abhieb. Und alles nur, weil das Banner des heiligen Georg nicht fertig
gestickt war, und der Fluß Szeszupe schon günstig gefroren. Während die
restlichen Nonnen um so schneller stickten - fast schloß sich das letzte
rote Feld - kam die dritte wächserne Nonne, die immer im Schatten dem
elften Ritter folgte, und brachte die Schüssel, unter das Blut zu
stellen. Da lachten die siebte, die zweite, die vierte, die fünfte
Nonne, sie warfen das Stickzeug hinter sich und hielten dem achten
Ritter, dem schwarzen Engelhard Rabe, Häupter und Schleier hin. Der,
nicht faul, hob erst dem zehnten Ritter, der auf dem Balken abprotzte
mit Hühnchen hinterm Visier, Haupt, Hühnchen und Helm mit Visier ab, gab
dem sein Schwert: und der dicke kopflose, dennoch kauende Zehnte half
dem achten Schwarzen, half der zweiten, der dritten wächsernen, die sich
immer im Schatten gehalten hatte, sogleich auch der vierten und fünften
Nonne, Häupter, Schleier und Engelhard Rabes Haupt abzulegen. Schoben
sich lachend die Schüssel zu. Stickten nur wenige Nonnen am
Georgsbanner, obgleich die Szeszupe günstig gefroren, obgleich die
Englischen unter Lancaster schon im Lager waren, obgleich die
Wegeberichte vorlagen, Fürst Witowd sich fern halten wollte und
Wallenrod schon zur Tafel rief. War aber die Schüssel nun voll und
schwappte über. Mußte die zehnte, die dicke Nonne - denn wie es einen
dicken Ritter gab, gab es eine dicke Nonne - die mußte gewackelt kommen,
durfte noch dreimal die Schüssel heben, das letzte Mal, als die
Szeszupe schon eisfrei war und Ursula, die achte Nonne, die aber überall
kurz und zärtlich Tulla gerufen wurde, mit Flaum auf dem Nacken knien
mußte. Hatte im März erst ihr Gelübde getan und schon zwölfmal
gebrochen. Wußte aber nicht mit welchem und in welcher Folge, da alle
nur mit geschlossenem Visier; und nun auch die Englischen unter Heinrich
Derby; erst frisch im Lager und doch schon eilig. War auch ein Percy
dabei, aber nicht Henry sondern Thomas Percy. Für ihn hatte Tulla ein
Extrabanner, obgleich Wallenrod Extrabanner verboten hatte,
feingestickt. Hinter dem wollten Jacob Doutremer und Peege Feegood. Am
Ende trat Wallenrod dem von Lancaster entgegen. Aus dem Wind schlug er
des Thomas Fercy Taschenformatbanner, ließ den von Hattenstein das knapp
fertige Georgsbannet über den eisfreien Fluß tragen und befahl der
achten Nonne, Tulla gerufen, niederzuknien, während die Brücke
geschlagen wurde, wobei vier Pferde und ein Knecht ersoffen. Schöner
sang sie, als vor ihr die elfte und zwölfte Nonne gesungen hatten. Sie
konnte Näseln, Zirpen und gleichzeitig die hellrote Zunge in dunkelroter
Mundhöhle flattern lassen. Der von Lancaster weinte hinterm Visier,
denn er wäre lieber zu' Hause geblieben, hatte aber Stunk mit der
Familie, und wurde später trotzdem König. Plötzlich und weil niemand
mehr über die Szeszupe wollte, alle nur weinerlich lieber nach Hause,
sprang der jüngste Ritter aus einem Baum, in dem er geschlafen hatte,
und machte federnde Schrittchen hin zum Flaum auf dem Nacken. War von
Mors heraufgezogen und hatte Barten bekehren wollen. Waren aber schon
alle bekehrt] und Bartenstein gegründet. Blieb nur noch das Litauische
übrig, zuvor Flaum auf Tullas Nacken. Den traf er überm letzten Wirbel,
warf gleich sein Schwert in die Luft und fing es mit eigenem Nacken auf.
So geschickt war der sechste, der jüngste Ritter, Das wollte der vierte
Ritter, der nie mit der ersten Nonne sprach, ihm nachmachen, hatte aber
kein Glück und trennte beim ersten Versuch der Zehnten dicken, beim
zweiten Versuch der strengen ersten Nonne, das feiste, das strenge Haupt
ab. Da mußte der dritte Ritter, der nie das Kettenhemd wechselte und
als weise galt, die Schüssel holen, weil keine Nonne mehr da war. - (hundej)
Kopflose (24) Ich träumte, es wäre jemandem
durch irgendwelche physikalische Vorrichtungen oder chemische
Substanzen gelungen, den Eindruck zu machen, als hätte er keinen Kopf;
er ist im Begriff, durch weite Bezirke in Rußland zu reiten, mit der
Absicht, auf die abergläubische Bevölkerung einen so mysteriösen
Eindruck zu machen, daß sie ihn als großen religiösen Propheten
betrachten und aufnehmen. Ich sehe deutlich, wie er über Sand, der dem
am Seestrande ähnlich ist, hingaloppiert, aber ich vermeide es, ihm
nahezukommen. Dann sehe ich, wie sich ihm in weiter Entfernung Gestalten
nähern und ihn festhalten; später erfahre ich, daß er ein lange
gesuchter, schwerer irischer Verbrecher ist. - Havelock Ellis, nach
(je)