Sind wir nicht geplagte Wesen? Ist nicht unser Loos betrübt?
Nur zu Zwang und Joch erlesen In Verstellung nur geübt,
Dürfen selbst nicht unsre Klagen Sich aus unserm Busen wagen.
Allem was die Eltern sprechen, Widerspricht das volle Herz.
Die verbotne Frucht zu brechen Fühlen wir der Sehnsucht
Schmerz; Möchten gern die süßen Knaben Fest an unserm Herzen
haben.
Wäre dies zu denken Sünde? Zollfrey sind Gedanken doch. Was
bleibt einem armen Kinde Außer süßen Träumen noch? Will
man sie auch gern verbannen, Nimmer ziehen sie von dannen.
Wenn wir auch des Abends beten, Schreckt uns doch die Einsamkeit,
Und zu unsern Küssen treten Sehnsucht und Gefälligkeit.
Könnten wir wohl widerstreben Alles, Alles hinzugeben?
Unsere Reize zu verhüllen, Schreibt die strenge Mutter vor.
Ach! was hilft der gute Willen, Quellen sie nicht selbst
empor? Bey der Sehnsucht innrem Beben Muß das beste Band
sich geben.
Jede Neigung zu verschließen, Hart und kalt zu seyn, wie
Stein, Schöne Augen nicht zu grüßen, Fleißig und allein
zu seyn, Keiner Bitte nachzugeben: Heißt das wohl ein Jugendleben?
Groß sind eines Mädchens Plagen, Ihre Brust ist krank und
wund, Und zum Lohn für stille Klagen Küßt sie noch ein welker
Mund. Wird denn nie das Blatt sich wenden, Und das Reich
der Alten enden?
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