iebesgabe Ein
allerliebstes kleines Mädchen aus der untersten Volksklasse wäre vor die Bude
einer Hökerin getreten und habe von dem Obste, das jene feilbot, etwas verlangt.
Mit rauher Stimme habe das Weib sie angefahren, sie solle ihr zeigen, wieviel
Geld sie daran wenden könne, und als das Kind nun mit der freudigsten Unschuld
seinen Dreier hervorgeholt, sei er ihm mit den Worten zurückgestoßen worden,
daß es dafür nichts gäbe. Zum Tode betrübt wäre die Kleine abgezogen. Da — so
fuhr Hoffmann fort — näherte ich mich dem alten
Weibe, die wohl bemerkt, daß ich Zeuge der ganzen Szene gewesen, und steckte
ihr ein Viergroschenstück in die Hand. Eilends rief sie nun das Kind zurück
und füllte die kleine Schürze mit den allerschönsten Pflaumen. Sie können ihn
sich wohl ausmalen, diesen Wechsel der höchsten Betrübnis und der unaussprechlichsten
Freude. Bis so weit sieht die Geschichte jedermann ähnlich, der mit wohlwollendem
Herzen eine Liebesgabe gereicht hat. Aber nun - erzählte er weiter, und das
war der ganze Hoffmann, — hat mich auf dem Wege zu Ihnen der Gedanke schon zermartert
und ich kann ihn nicht loswerden, daß das Kind sich an den Pflaumen die Ruhr
an den Hals essen und so die Lust, die ich ihm bereitet, die Ursache seines
Todes werden wird. -
E.T.A. Hoffmanns Leben und Nachlass. Von Julius Eduard Hitzig.
Frankfurt am Main 1986 (it 1986, zuerst ca. 1825)
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