eichenarm
«Mit Armen läßt sich in der Regel nicht viel anfangen», bemerkte der
Pathologe, dem nicht entgangen war, daß Morse' Interesse einen neuen
Gegenstand gefunden hatte. «Zähne wären gut, aber darauf müssen wir ja,
so wie die Dinge liegen, leider verzichten; sehr nützlich wären unter
Umständen auch...»
Morse wartete das Ende seiner müßigen Überlegungen nicht ab, sondern
sagte schroff: «Hör auf zu reden, und schieb ihm lieber mal die Ärmel
hoch.»
«Na, hoffentlich nehme ich da nicht Haut mit. Die löst sich manchmal ab wie nichts, hängt ganz davon ab, wie lange...»
«Kannst du mich damit nicht verschonen? Du weißt doch, daß ich so etwas nicht hören kann.»
Der Pathologe griente ihn entschuldigend an, dann begann
er, erst den rechten, dann den linken Manschettenknopf zu öffnen und
nacheinander beide Ärmel in die Höhe zu schieben. «Scheint kein sehr
sportlicher Typ gewesen zu sein», sagte er mit Blick auf die mageren
Oberarme. «Hätte mal öfter eine Hantel anfassen sollen.»
«Ich finde, deine Witze sind manchmal höchst unangebracht, Max», sagte Morse gereizt.
Der Pathologe sah ihn erstaunt an. «Seine Arme scheinen
dich enttäuscht zu haben. Hattest du erwartet, eine Tätowierung zu
finden, womöglich ein Herz mit dem Namen seiner Liebsten und seinem
eigenen?»
«Hätte ja sein können, nicht?» sagte Morse mürrisch. «Manchmal hat man ja auch Glück.»
«Also weißt du», sagte der Pathologe und wiegte
skeptisch den Kopf, «ich glaube, wenn du bei diesem Fall auf Glück
vertraust, bist du nicht allzu gut beraten.»
«Vielleicht hast du recht...»sagte Morse matt und
versuchte der erneut in ihm hochsteigenden Übelkeit Herr zu werden.
Während er noch schluckte, um den Würgereiz zu unterdrücken, bemerkte es
plötzlich am linken Oberarm des Toten einen Bluterguß, der ihm
vorher gar nicht aufgefallen war, und aus irgendeinem Grund gab ihm der
Anblick der bläulich verfärbten Haut den Rest. Abrupt wandte er sich um
und erbrach sich auf den Rasen. - Colin Dexter, Das Rätsel der dritten Meile. Reinbek bei Hamburg 1988
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