eichen=Interessenten
betrügen, und zwar, 1) Leidtragende, wenn sie sich stellen, als
ob ihnen durch geschehenen Todes=Fall noch so grosses Leid zugestossen wäre,
und ist ihnen doch nicht ums Herz. 2) Leichenbegleiter, wenn sie bey
Ablegung ihrer Condolenz mit vieler Contestation bezeugen, wie sehr ihnen der
vorhandene Todes=Fall zu Hertzen gehe, und doch das Hertz von demjenigen, was
der Mund redet, wol gar nichts weis. 3) Leichenbitter, wenn sie, um desto
eher herum zu kommen, nicht alle Personen, so man verlanget, zur Leiche invitiren,
und doch wol vorgeben, sie hätten alle, so auf ihrem Zettel stünden, zur Leiche
gebeten. 4) Leichenträger, wenn sie falsch tragen, und einem andern die
Last auf den Hals schieben, oder aber in der Mitte unter dem Sarg, ohne die
Todten=Bahre fast mit den Achseln anzurühren, hingehen, 5) Leichen=Prediger,
wenn sie den Todten um und über die Gebühr loben, und die Laster an ihr zu Tugenden
machen, wovon der gottsel. Heinr. Müller in Geistl. Erquick.=Stunden
medit. 277, p. 691 nachdrücklich geschrieben hat. 6) Leichen=Sänger,
oder Cantores, wenn sie den Choral= oder Figural=Gesang nach denen empfangenen
Leichen=Gebühren abzirckeln und, da man schön will gesungen haben,
über das ordentliche noch etwas extra von denen Leidtragenden begehren. 7)
Leichen=Frauen, oder Grab=Laderinnen, wenn sie allerhand neuerliche
Accidenzien aufbringen, und hie und da von der angehabten Kleidung des Verstorbenen,
unter dem Prätext, daß es also Herkommens sei, an sich ziehen, oder auch beym
Grab und vor der Einsenckung des Todten die Leute bereden, daß sie die um des
Toten Munde noch seyende Halsbinden und dergleichen zu dem Ende mit Nadeln anstecken
müßten, damit der Todte solche nicht im Munde zu käuen bekäme, weil sonst
mehrere aus der Familie, so lange nämlich der Todte daran käuete, nachsterben
müßten. 8) Lebenslauff=Schreiber, wenn sie offenbare Unwahrheiten hineinsetzen,
und die Verstorbne ohne Unterschied, sie mögen gebohren seyn, gelebt haben und
gestorben seyn, wie sie wollen, als ehelich, und aus einem keuschen Ehebett
erzeugte, ehrlich und ohne fleischliche Vermischung Verlobte, fromm Lebende
und sanft und selig Absterbende vorstellen, und folglich ihr Modell, nach
welchem sie etwa die Lebens=Läuffe einrichten, recht zu dem fliegenden Brief,
dessen beym Zachar. V.v. 1. sq. gedacht wird, machen nach welchem alle Diebe
und alle Meineydige fromm gesprochen werdem. - Betrugs=Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in
allen Ständen, nebst denen darwider guthen Theils dienenden Mitteln entdecket
von Georg Paul Hönn. München 1977 (zuerst 1721)