achanfall Ich bekam meine ersten Lachanfälle. Ich lachte so unbändig, daß ich mich oft aufs Bett legen mußte, um auszuruhen. Diese Anfälle verursachten mir heftige Seitenstiche. Worüber lachte ich? Fast über alles. Ich stellte mir zum Beispiel drei winzige Geistliche vor, die sehr schnell hintereinander über eine japanische Bogenbrücke liefen, so eine wie die im Zarskoje Selo. Gerade als der letzte der kleinen Vikare, der sehr viel kleiner war als die anderen, den Steg verlassen wollte, trat ich ihn kräftig in den Hintern. Ich sah, wie er stehenblieb, gleich einer gehetzten Maus, dann die Beine in die Hand nahm und wieder zurück über die Brücke und in der den anderen entgegengesetzten Richtung davonlief.
Der Schreck des kleinen Pfarrers in dem Augenblick, als ich ihn trat, kam mir urkomisch vor, und ich brauchte mir nur diese Szene wieder vorzustellen, um mich vor Lachen zu krümmen, unfähig aufzuhören, mich zu beherrschen, ganz gleich, wo ich mich gerade befand.
Oder - um ein anderes der zahllosen Beispiele dieser Art anzuführen - ich
stellte mir gewisse Leute, die ich kannte, mit einer kleinen Eule auf dem Kopf
vor, die ihrerseits ein Exkrement auf dem Kopf trug. Diese Eule war aus Holz
geschnitzt, und ich stellte sie mir bis in die kleinsten Einzelheiten vor. Der
Kot mußte immer etwas von meinem eigenen Exkrement sein. -
(dali)
Lachanfall (2) »Es ist aus einem sehr alten walisischen Poem mit dem Titel »Die Verwüstung Annwns« und scheint sich zu beziehen. ..«
Doch Mr. Evans unterbrach ihn. »Es bezieht sich ganz offensichtlich«, schrie er, »auf den uralten heidnischen Gral, viel älter als die Christenheit, der jeden, der es versteht... von... von... von... von der Gefangenschaft Gwairs in Caer Sidi... erlöst... und immer erlösen wird!«
Er brach plötzlich in ein krampfhaftes unterdrücktes Lachen aus, das eine äußerst verstörende Wirkung auf die Ohren der Zuhörer ausübte. Mr. Evans stand offenbar kurz vor einem schamlosen und lauthalsen Lachanfall, ausgelöst durch eine innere Vision, die seinem Gemüt als ein ungeheuerlicher rabelaisscher Witz vorkam.
Es wirkt immer unangenehm, wenn jemand mit einer sehr beherrschenden körperlichen Ausstrahlung in unkontrolliertes Lachen verfällt. Diese Bloßstellung hat etwas Anstößiges. Eine solche Anstößigkeit erscheint auf geheime Weise verstärkt, wenn sich die Zuhörer in Unkenntnis - und in diesem Fall herrschte gewiß tiefe Unkenntnis - über den Grund des Ausbruchs befinden.
Während er mit Kopf und Schultern vor und zurück wackelte, die sonderbarsten
Gluckser von sich gab und gleichzeitig sehr rot im Gesicht wurde, ließ er die
Tränen dieses Lachens seine Backen hinabrinnen und auf seine Weste fallen ohne
den mindesten Versuch, seine Gefühlslagc zu verbergen. Es war, als ob ihm durch
eine besondere Fügung der Vorsehung gestattet worden wäre, einen Blick auf den
ungeheuerlichen kosmischen Witz, abgrundtief, heroisch, megalomanisch, zu erhäschen,
in den sich die ganze Schöpfung auflöste! -
(cowp)
Lachanfall (3) »Ja! Eine prächtige Sache!« schrie Porfirij Petrowitsch schließlich beinahe, während er zwei Schritt vor Raskolnikow stehenblieb und ihm plötzlich einen forschenden Blick zuwarf. Diese alberne, immer aufs neue wiederholte Bemerkung, daß eine Dienstwohnung eine prächtige Sache sei, stand in stärkstem Widerspruch zu dem ernsten, gedankenvollen, rätselhaften Blick, mit dem Porfirij jetzt seinen Besucher musterte.
Doch das brachte den Zorn Raskolnikows zum Kochen, und er konnte eine höhnische, ziemlich unvorsichtige Herausforderung nicht unterdrücken.
»Wissen Sie was?« fragte er plötzlich, während er den anderen beinahe
frech anstarrte und an der eigenen Frechheit Genuß zu haben schien, »es
gibt doch, glaube ich, eine kriminalistische Regel, eine
kriminalistische Methode für alle denkbaren Untersuchungsbeamten . . .
daß man zuerst mit nebensächlichen Dingen beginnt, mit Kleinigkeiten
oder auch mit ernsten Sachen, die aber gar nichts mit dem Fall zu tun
haben, damit man den Verhörten ermutigt oder, besser gesagt, ablenkt und
seine Vorsicht einschläfert, um ihn dann plötzlich mit irgendeiner
verhängnisvollen und gefährlichen Frage wie mit einem Beil
auf den Kopf zu schlagen; ist's nicht so? Das gilt, glaube ich, auch
heute noch als strenge Regel und steht in allen Vorschriften und
Instruktionen?«
»Ja, ja ... Aha, Sie glauben wohl, ich hätte Ihnen die Geschichte von
der Dienstwohnung . . . wie?« Und bei diesen Worten kniff Porfirij
Petrowitsch die Augen zusammen und zwinkerte; ein Ausdruck von
Fröhlichkeit und List huschte über sein Gesicht; die Runzeln auf seiner
Stirn glätteten sich, seine Augen wurden schmäler, seine Gesichtszüge
länger, und plötzlich brach er m ein nervöses, lang andauerndes Lachen
aus, das seinen ganzen Körper erschütterte, und dabei sah er Raskolnikow
gerade in die Augen. Raskolnikow lachte ebenfalls, wenngleich mit
einiger Anstrengung; doch als Porfirij sah, daß auch sein Besucher
lachte, steigerte sich sein Gelächter derart, daß er puterrot im Gesicht
anlief, und da gewann Raskolnikows Abscheu plötzlich die Oberhand über
alle Vorsicht. Er hörte zu lachen auf, runzelte die Stirn und starrte
Porfirij haßerfüllt an, ohne den Blick von ihm zu wenden.
Das dauerte so lange, wie Porfirij, der seinen Heiterkeitsausbruch
anscheinend absichtlich in die Lange zog, weiterlachte. Übrigens waren
beide unvorsichtig: Porfirij Petrowitsch lachte seinem Besucher
gewissermaßen ins Gesicht, dieser nahm sein Lachen haßerfüllt auf, und
trotzdem ließ sich Porfirij durch diesen Umstand sehr wenig stören. Das
war sehr wichtig für Raskolnikow: er merkte, daß Porfirij Petrowitsch
vorhin ganz bestimmt nicht verwirrt gewesen war, dagegen war er,
Raskolnikow, wohl in die Falle gegangen; hier lag ganz deutlich etwas
vor, von dem er keine Ahnung hatte, irgendeine feste Absicht; vielleicht
war alles aufs sorgfältigste vorbereitet und mußte sich jetzt, im
nächsten Augenblick, enthüllen und über ihn hereinbrechen. . - Fjodor M. Dostojewskij, Schuld und Sühne. München 1977 (zuerst 1866)
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