agdzimmer
Zwei Füchse drehten sich dieses Jahr schon wollig vor einer Luft aus
Herbstgrau. Ihre Felle bilden einen schönen Jagdbogen in der Wohnung. Frau und
Kinder, nun via Tirol zu erreichen, damals noch hier, duckten sich zu einem
Haufen, bestrebt, ihre schwachen Anwesenheiten dem Vater nicht zu fest aufzudrücken.
Das ist mein eigen Jagdzimmer, verspricht der Mann seiner bebenden Ernte. Niemand
von euch verliert hier etwas! Platschend fallen die Fuchsleichname, von der
Frau mit dem Messer entkleidet, aus ihrer Landestracht. Die Felle dann an die
Wand genadelt, als Schmuck. Die Plastikfolie von Traktoren, Puppenwagen, Puppenwesten,
auf der Stelle und nachdrücklich: hinaus! Der größte Raum der Wohnung wird mit
Genickschlägen saubergehalten vom einförmigen Kinderbrei. Nur abstauben und
konservieren gilt für die Frau. An der Wand eine möglichst vollständige Liebesbibliothek.
Reizende Dämpfe kriechen draus hervor. Der Mann ist ein Liebhaber des weibl.
Unterleibs, jawohl. Er weiß, wie man den Schrei weiblicher Empfängnis vermeidet.
Er liest ein betreffliches Buch. Er schaut genau auf eine Abbildung. Neben der
Jagd ist er fast zum Eber geworden,
sogar in der Öffentlichkeit, vor Fremden. Er sucht jetzt eine Freundin. Die
Weibssorten kann der Mann jetzt genau beim Namen nennen. Als Kind schon kannte
er ein und das andere Kraut, doch seinen Namen weiß er nicht. Die Natur sendet
verwirrende Signale, die Frau nur ein einziges, geifernd zieht sie die Liebeslefzen
hoch. Kochender Speichel sprüht nadeldünn, zum Zeichen JA geformt, aus ihrem
Maul. Der Mann ist dadurch verwirrt. Mit ihrer Liebestatze hilft die Frau dem
Begehren nach, verleiht ihm Ordnung, Würde. Die Füchse rotieren im Tau. Der
Mann ist ganz verwildert. In tiefem Schlauch führt es in die Frau, in ein Gemantsche
von Säften, warum? - Elfriede Jelinek, Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr. Reinbek
bei Hamburg 1993
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