Hundezimmer  Als er die Tür schloß und mich allein ließ, mitten in diesem so seltsamen Raum sitzend, bei dem Hundegeruch (obgleich ein reinlicher Geruch) und all den Matratzen auf dem Boden, kam ich mir etwas merkwürdig vor, es war fast wie im Traum, vor allem bei diesem gelben Licht über dem Kopf und der Stille. Sicher würde die Zeit schnell vorübergehen und es würde nicht so schlimm sein, aber dauernd hatte ich so ein Gefühl, als würde etwas nicht ganz stimmen. Nicht gerade deswegen, weil man mich dafür geholt hatte, ohne mir vorher etwas davon zu sagen, aber vielleicht, weil es seltsam war, diese Arbeit verrichten zu müssen, oder weil ich fand, daß das nicht richtig war. Der Boden glänzte, so blank war er, die Hunde, das war klar, verrichteten ihre Notdurft woanders, denn es roch überhaupt nicht, außer nach ihnen selbst. Das schlimmste war, allein zu sein und zu warten, und ich habe mich geradezu gefreut, als das Fräulein Lucienne mit Fido auf dem Arm hereinkam, einem scheußlichen Pekinesen (ich kann Pekinesen nicht ausstehen), und der Herr Rodolos kam, wieder und wieder die anderen fünf Hunde rufend, bis sie alle in dem Raum waren. Das Fräulein Lucienne war entzückend, ganz in Weiß, wie sie war, und sie hatte platinblondes Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel. Sie küßte und streichelte Fido lange, ohne slch um die anderen Hunde zu kümmern, die Wasser schlabberten und herumtollten, und dann brachte sie ihn mir und sah mich zum ersten Mal an.

»Sie sind die, die auf sie aufpassen soll?« fragte sie. Sie hatte eine etwas schrille Stimme, aber ich muß zugeben, daß sie sehr hübsch war.

»Ich bin Madame Francinet, zu dienen!« sagte ich, sie begrüßend.

»Fido ist sehr zart und empfindlich. Hier, nehmen Sie ihn! Ja, in die Arme. Er macht Sie nicht schmutzig, ich selbst bade ihn jeden Morgen. Wie gesagt, er ist sehr zart und empfindlich. Lassen Sie nicht zu, daß er sich unter diese da mischt. Und geben Sie ihm ab und zu etwas Wasser.«

Der Hund blieb ruhig auf meinem Schoß liegen, trotzdem ekelte ich mich etwas vor ihm. Eine riesige Dogge voller schwarzer Flecken kam und begann an ihm zu schnuppern, wie Hunde das tun, und das Fräulein Lucienne stieß einen Schrei aus und gab ihr einen Fußtritt. Der Herr Rodolos rührte sich nicht von der Tür, er war das offensichtlich gewohnt.

»Fort, fort!« kreischte das Fräulein Lucienne. »Genau das darf nicht passieren, und Sie dürfen das nicht zulassen. Mama hat es Ihnen schon gesagt, nicht wahr? Rühren Sie sich nicht von hier weg, bis die Party zu Ende ist. Und wenn Fido sich nicht wohlfühlt und anfangt zu wimmern, klopfen Sie an die Tür, damit der da mich ruft.«

Noch einmal nahm sie den Pekinesen in den Arm und küßte ihn so lange, bis er zu winseln begann, dann ging sie, ohne mich anzusehen, hinaus. Monsieur Rodolos blieb noch einen Augenblick.

»Die Hunde sind nicht böse, Madame Francinet«, sagte er zu mir. »Aber sollten Sie irgendwelche Schwierigkeiten haben, klopfen Sie an die Tür und ich werde kommen. Nur ruhig Blut«, fügte er hinzu, als wäre ihm das im letzten Augenblick eingefallen, und ging hinaus, wobei er die Tür sehr behutsam hinter sich schloß. Ich fragte mich, ob er von außen nicht den Riegel vorgeschoben hatte. - Julio Cortázar, Südliche Autobahn. Die Erzählungen Band 2. Frankfurt am Main 1998

 

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