ada-Definition
Bevor
Dada da war, war Dada da.
Dada ist eine altertümliche, vierbeinige Armbrust, die ein Hündchen an der Leine führt.
Dada hat Schwingen, die gewaltiger als hundert Urwälder sind.
Dada sieht manchmal einem Menschen aus Torf mit Augen aus wurmstichigen Äpfeln ähnlich. Trotzdem ist Dada jeden Tag schöner als der vorhergehende.
Dada ist eine Rose, die eine Rose im Knopfloch trägt.
Dada redet mit einer Menschenzunge von seinen unzähligen vollen Flaschen.
Dada hat Hände und Füße, die stets Dinge unternehmen, die weder Hand noch Fuß haben, hat Köpfe, die stets den Kopf verlieren, und Häuschen, die stets aus dem Häuschen geraten.
Dada ist Anfang und Ende, fängt mit dem Ende an, läßt alsdann den Anfang folgen und schließt nicht mit dem dicken Mittelteil. Darum sieht Dada so gesund aus, ist gerecht und vorurteilslos in der Anwendung von großen Sprüchen.
Warum sollte Dada den Menschen hinterrücks anspringen, ihn ekelhaft betasten, kraulen, belecken und würgen, so daß er am nächsten Morgen tot erwacht?.
Dada ist schön wie die Nacht, die einen jungen Tag in ihren Armen wiegt.
Dada ratet Dir, in den Spiegeln der Andern Eier zu legen.
Der Dadaismus hat die schönen Künste überfallen. Er hat die Kunst für einen magischen Stuhlgang erklärt, die Venus von Milo klistiert und «Laokoons Söhnen» nach tausendjährigem Ringkampf mit der Klapperschlange ermöglicht, endlich auszutreten. Der Dadaismus hat das Bejahen und Verneinen bis zum Nonsens geführt. Um Überheblichkeit und Anmaßung zu vernichten, war er destruktiv.Dada ist der Urgrund aller Kunst. Dada ist für den «Ohne-Sinn» der
Kunst, was nicht Unsinn bedeutet. Dada ist ohne Sinn wie die Natur.
Dada ist.für die Natur und gegen die Kunst. Dada ist unmittelbar
wie die Natur und versucht jedem Ding seinen wesentlichen Platz zu
geben. Dada ist moralisch wie die Natur. Dada ist für den
unbegrenzten Sinn und die begrenzten Mittel. - Hans Arp: Unsern täglichen Traum...
Erinnerungen, Dichtungen
und Betrachtungen aus den Jahren 1914 bis 1954.
Zürich
1955
Dada-Definition (2) Dada
ist ein Geisteszustand. Deshalb verwandelt es sich je nach den Rassen
und den Ereignissen. Dada ist auf alles anwendbar, und dennoch ist es
nichts, es ist der Punkt, wo das Ja und das Nein und alle Gegenteile
zusammentreffen — nicht feierlich in den Schlössern der
menschlichen Philosophen, sondern ganz schlicht an den
Straßenecken wie Hunde und Heuschrecken. - Tristan Tzara 1924, nach: Richard
Huelsenbeck (Hg.), Dada - eine literarische Dokumentation. Reinbek bei Hamburg 1964
Dada-Definition (3) Dada war ein extremer Protest gegen die physische Seite der Malerei. Es war
eine metaphysische Haltung. Bewußt und intim war es mit «Literatur»
verwickelt. Es war eine Art Nihilismus ... ein Weg, um von einer
bestimmten Geistesverfassung loszukommen — um zu vermeiden, daß
man von seiner unmittelbaren Umgebung oder von der Vergangenheit
beeinflußt wurde: um von den «Cliche's» loszukommen. - Marcel Duchamp 1958, nach: Richard Huelsenbeck (Hg.), Dada - eine literarische Dokumentation. Reinbek bei Hamburg 1964
Dada-Definition (4) Dadaismus ist, wenn Huelsenbeck
Geld braucht. - Alfred Kerr
Dada-Definition (5) Dada stammt aus dem Lexikon. Es ist furchtbar einfach. Im Französischen bedeutet's Steckenpferd. Im Deutschen heißt's Addio, steigts mir den Rücken runter. Auf Wiedersehen ein andermal! Im Rumänischen: »Ja wahrhaftig, Sie haben recht, so ist's. Jawohl, wirklich, machen wir.« Und so weiter.
Ein internationales Wor. Nur ein Wort und das Wort als Bewegung. Sehr leicht zu verstehen. Es ist ganz furchtbar einfach. Wenn man eine Kunstrichtung daraus macht, muß das bedeuten, man will Komplikationen wegnehmen. Dada Psychologie, Dada Deutschland samt Indigestionen und Nebel-krämpfen, Dada Literatur, Dada Bourgeoisie, und ihr, verehrteste Dichter, die ihr immer mit Worten, aber nie das Wort selber gedichtet habt, die ihr um den nackten Punkt herumdichtet. Dada Weltkrieg und kein Ende, Dada Revolution und kein Anfang, Dada ihr Freunde und Auchdichter, allerwerteste, Manufakturisten und Evangelisten Dada Tzara, Dada Huelsenbeck, Dada m'dada, Dada m'dada Dada mhm, dada dera dada Dada Hue, Dada Tza.
Wie erlangt man die ewige Seligkeit? Indem man Dada sagt. Wie wird man berühmt? Indem man Dada sagt. Mit edlem Gestus und mit feinem Anstand. Bis zum Irrsinn. Bis zur Bewußtlosigkeit. Wie kann man alles Journalige, Aalige, alles Nette und Adrette, Bornierte, Vermoralisierte, Europäisierte, Enervierte, abtun? Indem man Dada sagt. Dada ist die Weltseele, Dada ist der Clou. Dada ist die beste Liüenmilchseife der Welt. Dada Herr Rubiner, Dada Herr Korrodi. Dada Herr Anastasius Lilienstein.
Das heißt auf Deutsch: Die Gastfreundschaft der Schweiz ist über alles zu
schätzen. Und im Ästhetischen kommt es auf die Qualität an. - Hugo
Ball, Das erste dadaistische Manifest (Zürich, 14. Juli 1916), nach: H. B., Der
Künstler und die Zeitktankheit. Ausgewählte Schriften. Frankfurt am Main 1988
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