ada Man lernt aus den Zeitungen, daß die Cru/neger den Schwanz einer heiligen Kuh Dada nennen. Der Würfel und die Mutter in einer gewissen Gegend Italiens sind: Dada. Ein Pferd aus Holz, die Amme, doppelte Bestätigung im Russischen und im Rumänischen: Dada. Gelehrte Journalisten sehen darin eine Kunst für die Babys. Andere heiligen Jesus appelantlespetitsenfants des Tags, die Rückkehr zu einem Primitivismus, trocken, lärmend und monoton. Man konstruiert nicht über ein Wort das Empfindungsvermögen, jede Konstruktion nähert sich der Vollkommenheit welche langweilt, stagnierende Idee in einem vergoldeten Sumpf, relatives menschliches Produkt. Das Werk der Kunst darf nicht die Schönheit - sich selbst sein. Weder lustig noch traurig, weder hell noch dunkel, belustigen oder mishandeln die Individualität, indem man ihnen den Kuchen des Heiligenscheins gibt, oder den Schweiß eines gebückten Laufes durch die Atmosphären. Ein Kunstwerk ist niemals schön auf Befehl, objektiv für alle. Die Kritik ist doch unnütz, sie existiert nur subjektiv, für jeden, und ohne den mindesten Anspruch auf Allgemeinheit. Glaubt nun gefunden zu haben die seelische Grundlage, die der ganzen Menschheit gemeinsam ist? Der Versuch von Jesus, die Bibel, decken unter ihren großen und wohlwollenden Flügeln den Kot, die Tiere, die Tage. Wie will man dem Chaos befehlen, welches diese unendliche formlose Variation - Mensch - bildet. Das Prinzip: Liebe deinen Nächsten ist eine Heuchelei. Erkenne dich ist eine Utopie. Aber annehmbarer, denn sie enthält auch das Böse. Kein Mitleid. Es bleibt uns nach dem Gemetzel die Hoffnung einer gereinigten Menschheit.
Ich spreche immer von mir, da ich nicht überzeugen will, ich habe nicht das
Recht, andere in meinen Strom hineinzuziehen, ich verpflichte niemand mir zu
folgen und jeder macht seine Kunst auf seine Weise, ob er die Freude erkennt,
steigend in Spitzen gegen die Astralschichten, oder die welche herabsteigt in
das Angesicht der Totenblumen und fruchtbarer Krämpfe. Stalaktiden: man suche
sie überall, in den durch den Schmerz vergrößerten Buhnen, die Augen weiß wie
die Lippen der Engel. - Johannes
Baader, nach: Scharfrichter der bürgerlichen Seele. Raoul Hausmann in Berlin
1900 - 1933. Hg. Eva Züchner. Berlin 1998
Dada (2) Wie erlangt man die ewige Seligkeit? Indem
man Dada sagt. Wie wird man berühmt? Indem man Dada sagt. Mit edlem Gestus und
mit feinem Anstand. Bis zum Irrsinn. Bis zur Bewußtlosigkeit. Wie kann man alles
Journalige, Aalige, alles Nette und Adrette, Bornierte, Vermoralisierte, Europäisierte,
Enervierte, abtun? Indem man Dada sagt. Dada ist die Weltseele, Dada ist der
Clou. Dada ist die beste Lilienmilchseife der Welt. - Hugo Ball, Das erste
dadaistische Manifest (1916)
Dada (3) Wer Dada ist, stirbt nicht, wenn er davon
ißt Wer stirbt, wenn er davon ißt, ist nicht Dada Wer von Dada ißt, stirbt nicht
daran Wer nicht Dada ist, stirbt nicht daran Ich denke, deshalb bin ich dada
Ich bin Dada, weil ich denke Nicht Dada sein oder Dada sein, ist nicht die Frage
die Frage ist, Dada sein Man stirbt nicht, wenn man ohne zu denken die Frage
Dada ißt. - Raoul Hausmann (1967)
Dada (4)
Dada
ist wie Eure Hoffnungen: nichts
wie Euer Paradies: nichts
wie
Eure Idole: nichts
wie Eure politischen Führer: nichts
wie
Eure Helden: nichts
wie Eure Künstler: nichts
wie Eure
Religionen: nichts
- Francis Picabia, nach: Hanne Bergius, Das Lachen Dadas.
Die Berliner Dadaisten und ihre Aktionen. Giessen 1989
Dada (5) Dada bedarf keines Beweises und keiner Rechtfertigung, weder durch Formeln
noch durch Systeme. Dada ist die schöpferische Aktion in sich
selbst. Dada hat die Erstarrung und das Tempo dieser Zeit aus seinem
Kopf geboren — Dada ist eminent zivilisatorisch, aber es hat die
Fähigkeit, selbst die Begrenztheit seiner Erscheinung in der
Zeit historisch zu sehen, es relativiert sich selbst in seiner Zeit.
Dada ist ephemer, sein Tod ist eine freie Handlung seines Willens.
Dada hat das Reich der Erfindung entdeckt, von dem Friedrich
Nietzsche spricht, es hat sich zum
Parodisten der Weltgeschichte und zum Hanswurst Gottes gemacht —
aber es ist nicht an sich gescheitert. Dada stirbt nicht an Dada.
Sein Lachen hat Zukunft. -
Richard Huelsenbeck, Vorwort zu: Dada-Almanach 1920 (Nachdruck Hamburg 1980)
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