Wohlredenheit, romanische   Eine schöne, männliche, parthenopeische Stimme, die aus den klaren Meeresgründen der Schlußfolgerungen heraufsteigt wie eine durchsichtige, sirenenhafte Nacktheit aus den milchigen Meeresgewässern im Mondlicht der Gajola, ist in der Tat und in jedem Atemzug völlig frei von jener zudringlichen Überzeugungswut, die vielen Grobianen des Nordens, und ihren grauborstig-verehelichten Condottieri (mit ihren Benzinleuchtfeuern) zu eigen ist. Es gefällt uns wohl, gefällt unserem Ohre, sich solch glücklichem Argumentieren zu überlassen, wie ein treibender Kork vorn sanften Soge talwärts gezogen, dorthin, wo die Tiefe lockt. Der Fluß des Wortklangs ist nur das Symbol für den Fluß der Logik: die Wasserader der eleatischen Verkündung hat sich gestaut und fließt über: überspült die Dichotomien und sperrigen Unterbrüche des Geistes oder die blinden Unebenheiten des Wahrscheinlichen, verewigt sich in einem heraklitisch-dramatischen Fließen, voll dia­lektischer Dringlichkeiten, Neugier, Lust, Ungeduld, Zweifel, Ängste und Hoffnungen. Der Zuhörer sieht sich befähigt, seine Meinung in jeder behebigen Richtung zu finden. Der Standpunkt der Gegenpartei zerstäubt in musikalischer Wollust, fängt sich dann wieder, aber mit einer völlig neuen Nase, wie die doppelgesichtige Janusfigur, die man zuerst von vorn betrachtet, gleich darauf aber von hinten. Alle schwiegen.  - Carlo Emilio Gadda, Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana. München 1988
 
 

Rhetorik

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme